Die 'Heidelberger Kultur' nach A. Rust: Befunde, Herstellungstechnik,
      Typenspektrum und Funktion
      
        
          
            
               
              © 1992 ff. Dirk Siebers M.A.
              (2007 für das Internet neu formatiert und aus Copyrightgründen
              ohne Abbildungen) [noch in
              Bearbeitung] 
               
              Dirk Siebers 
               
              Sievekingsallee 109 I. 
               
              20535 Hamburg 
               
               
               
               
               
              09.210 Hauptseminar 
              "Forschungsprobleme zum Ursprung und zur Frühesten
              Geschichte des Menschen" 
              Von Prof. Dr. Helmut Ziegert im Sommersemester 1992 
               
              
              Thema 7:
               
               
              „Die 'Heidelberger Kultur'
              nach A. Rust: Befunde, Herstellungstechnik, Typenspektrum und
              Funktion“. 
              
               
              
              Gliederung 
               
              
              I. Einleitung 
              
               
              1. Problemstellung 
               
              2. Themenabgrenzung 
               
              3. Forschungsstand 
               
              4. Quellenlage 
               
              5. Methodischer Ansatz 
               
              
              II. Wie definiert A. Rust die "Heidelberger Kultur"? 
              
               
              
              III. Die Befunde 
              
               
              1. Wittenbergen/Wedel 
               
              2. Vinzier (Bad Oldesloe) 
               
              3. Morsum (Sylt) 
               
              4. Grafenrain bei Mauer (Heidelberg) 
               
              5. Stukenbrock (Bielefeld) 
               
              6. Krefeld 
               
              7. Ziegehain (Hessen) 
               
              8. Meiningen (Thüringen) 
               
              9. Donauterrassen bei Wien 
               
              10. Greding (Süddeutschland) 
               
              11. Höwenegg / Hegau 
               
              12. Chantal 
               
              13. Nordafrika 
               
              14. Peru 
               
              15. Sonstige 
               
              
              IV. Das Typenspektrum 
               
              V. Die Herstellungstechnik 
               
              VI. Die Funktion Griffteil / Wirkteil 
              
               
              Modellbildungen und aktualistische/ethnologische Vergleiche 
               
              
              VII. Die "Heidelberger Kultur" in der damaligen
              wissenschaftlichen Debatte 
               
              VIII. Die "Heidelberger Kultur" aus heutiger Sicht 
               
              IX. Literatur 
              
               
               
              
              I. Einleitung 
              
              I. 1: Problemstellung 
              
               
              Es soll untersucht werden, anhand welcher Funde und Befunde und
              wie Alfred Rust seine Heidelberger Kultur definiert und begründet.
              In einem zweiten Schritt soll die Resonanz der Fachwelt auf seine
              Forschungen betrachtet werden. Zum Abschluss soll eine Bewertung
              von heutigem Forschungsstand aus gegeben werden. 
               
               
               
              
              I. 2. Themenabgrenzung 
              
               
              Räumliche und zeitliche Begrenzung werden sich aus der Rust'schen
              Definition seiner Heidelberger Kultur ergeben, die sachlichen
              Aspekte sollen zunächst die vier im Thema genannten sein. 
               
               
               
              
              I. 3. Forschungsstand 
              
               
              Nachdem RUST mit seinen Ideen und Publikationen Ende der 1950er
              bis Anfang der 1970er Jahren für hitzige Diskussionen gesorgt
              hatte mit dem Ergebnis, daß eine „Heidelberger Kultur“ von
              den meisten Fachwissenschaftlern verworfen und die „Heidelberger
              Typen“ als Pseudoartefakte und als durch geologische Einflüsse
              geschaffen abgelehnt wurden, wurde es danach und besonders nach
              dem Tode von RUST (1983) still um seine Ideen, die praktisch nicht
              mehr diskutiert wurden. Erst Anfang der 1990er Jahre setzt in
              Teilen eine Neubewertung und vorsichtige Rehabilitierung der
              Rust’schen Ideen ein. 
               
               
               
              
              I. 4. Quellenlage 
              
               
              RUST legt seine Ideen und Vorstellungen zur „Heidelberger
              Kultur“ hauptsächlich in drei Büchern vor. „Artefakte aus
              der Zeit des Homo Heidelbergensis in Süd- und Norddeutschland“
              1956, „Über Waffen- und Werkzeugtechnik des Altmenschen“ 1965
              und „Werkzeuge des Frühmenschen in Europa“ 1971, sowie in
              mehreren Zeitschriftenartikeln (siehe Literaturverzeichnis). 
               
              Problematisch ist die Beurteilung der behandelten Fundstücke
              anhand von Zeichnungen hinsichtlich ihres Artefaktcharakters, da
              (angenommene) Bearbeitungen deutlich herausgestellt werden. Eine
              Zeichnung ist ja immer schon eine Interpretation - man zeichnet
              nur was man sieht, nicht was alles potentiell vorhanden ist -
              deshalb ist es hier nicht möglich, die Diskussion Artefakte oder
              Pseudoartefakte, besonders nicht im Einzelfall, zu entscheiden.
              Die Kritik an RUST wurde hauptsächlich mündlich auf Kongressen
              oder in Rezensionen seiner Bücher formuliert. 
               
               
               
              
              I. 5. Methodischer Ansatz 
              
               
              Es sollen die Rust'schen Publikationen sowie die Publikationen
              anderer Verfasser, die sich mit der „Heidelberger Kultur“
              beschäftigen, hinsichtlich der angewandten Methoden sowie deren
              Ergebnisse überprüft werden. Die angeführten Befunde sollen auf
              Stratigraphie und Zuordnung überprüft, bei den Fragen zur
              Herstellungstechnik und Funktion soll mit dem Instrument des
              aktualistischen Vergleichs gearbeitet werden. Es sollen auch
              Modelle für die Funktion gebildet werden. 
               
               
               
               
               
              II. Wie definiert A. RUST die „Heidelberger Kultur“? 
              Träger dieser Kultur(en) ist der Homo Erectus. Der Unterkiefer
              eines Homo Erectus, der im Jahre 1907 in der Sandgrube Grafenrain
              bei Mauer (Heidelberg) gefunden und als „Heidelberger Mensch“
              bekannt wurde, wurde für die Namensgebung herangezogen nachdem
              RUST in der Grube Artefakte fand, die ähnlichen Stücken aus
              Norddeutschland glichen. Drei Typen sind kennzeichnend für die
              „Heidelberger Kultur“: Nasenschaber, Querhobel und Schaber mit
              zitruslamellenförmigem Querschnitt. 
               
              Das Material ist nur selten Flint. Faustkeile, wie auch andere in
              Biface-Technik hergestellten Geräte, kommen nicht vor. RUST
              unterscheidet verschiedene „Stufen“ wie etwa die
              „Altonaer“ bzw. „Wedeler-Stufe“ (siehe auch Seite 24). 
               
               
               
               
               
              III. Die Befunde 
              Bedingt durch die nach der Zeit der Heidelberger Kultur erfolgten
              Übergletscherungen Nord- und Mitteldeutschlands sind in diesen
              Gebieten die Bedingungen für eine ungestörte Erhaltung von
              Befunden und Funden nur unter günstigen Bedingungen möglich,
              etwa in Höhlen und Spalten die von Gletschern überflossen wurden
              oder in großen Schichtpaketen, die als gefrorener Block im ganzen
              transportiert und wieder abgelagert wurden. Deshalb stammen die
              norddeutschen Funde und auch viele der anderen Funde, die der
              Heidelberger Kultur von RUST zugeordnet wurden, aus Schottern.
              Dieses gilt es bei allen Untersuchungen im AHinterkopf@ zu
              behalten, so sind alle Funde, sofern nicht nachgewiesen werden
              kann, daß sie Aim Block@ transportiert wurden, als Einzelfunde zu
              betrachten, die aus dem Einzugsgebiet der Vergletscherung weit
              transportiert sein können und je nach dem Vordringen der
              Vereisungsschübe mehrfach wieder aufgenommen worden sein, d.h.
              aus unterschiedlichen Zeiten stammen. Außerdem ist zu bedenken,
              daß beim Transport in fließendem Wasser beim oder nach dem
              Abschmelzen des umhüllenden Eises eine Verlagerung und Sortierung
              nach Gewicht und Strömungswiderstand stattfindet, bei der die
              Artefakte zusätzlich noch verrundet werden. Eine Zuordnung nach
              Herkunftsort und Alter ist demnach nur relativ und grob möglich.
              Diese kann nur so genau sein, wie die einzelnen Vergletscherungen
              in Raum und Zeit bestimmt werden können. Eine typologische
              Einordnung nach dem Motto Aje gröber und schlechter gearbeitet,
              desto älter@ führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu falschen
              Ergebnissen, da viele andere Parameter Einfluß auf das Artefakt
              haben, wie etwa Güte des Ausgangsmaterials, Geschicklichkeit und
              Erfahrung des Herstellers oder die Sorgfaltsanforderungen
              desselben an das jeweilige Gerät so etwa grobe Anfertigung für
              sofortigen aber kurzfristigen Gebrauch oder sorgfältige
              Ausarbeitung für Dauergebrauch. [nach H. ZIEGERT] 
               
              Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang ist, daß viele der
              artefaktverdächtigen Stücke von Laien gesammelt wurden, wobei
              die Auswahlkriterien bzw. der "artefaktische" Charakter
              häufig nach Ähnlichkeit von als Artefakt publizierten Stücken
              beurteilt wurde, so daß natürlich ein hoher Prozentsatz dieser
              als "Heidelberger" Geräte angesprochene Funde
              Pseudoartefakte sind. 
               
              Gesichertere Aussagen zu allen Aspekten des Kulturverhaltens des
              Heidelberger Menschen sind in den dauernd eisfreien Gebieten Süd-
              und Westeuropas und Nordafrikas möglich, da sich dort
              unverlagerte Fundkomplexe sowie geschlossene Funde befinden. Bei günstigen
              Erhaltungsbedingungen sollten sich auch Floren- und Faunenreste
              finden lassen, die eindeutig gleichzeitig zu den AHeidelberger Geräten@
              sind. Außerdem sollten sich je nach ursprünglichem Zweck des
              Fundplatzes viele dort hergestellten oder benutzten und dann zurückgelassenen
              Geräte nachweisen sofern sie aus erhaltungsfähigem Material
              bestehen, da sie nicht durch fluviatile Umlagerung nach Größe
              sortiert sind. Wenn die Artefakte nicht durch chemische
              Verwitterung angegriffen sind, sollte in den meisten Fällen
              zweifelsfrei der Artefaktcharakter nachgewiesen werden können, so
              daß ASpiele der Natur@ auszuschließen sind. 
               
              Auf die Schwierigkeiten, aus den Artefakten der Vereisungsgebiete
              Rückschlüsse zu ziehen, weist RUST ausdrücklich hin[1][1] Er
              will deshalb durch Vergleich mit südlicheren Funden die nördlichen
              Funde typologisch einordnen. 
               
               
               
              III. 1. Wittenbergen / Wedel 
               
              "... Der Fundplatz liegt im Altmoränengebiet 30 km außerhalb
              der Würm-Randlagen. Die Warthe-Grundmoräne ist bei Wittenbergen
              vom würmzeitlichen Schmelzwasser-Sammelstrom der Elbe
              durchschnitten worden. Vom Steilufer stürzen alljährlich Teile
              des fetten Mergels ab, der u.a. mit Artefakten durchsetzt ist, die
              nicht in einer stratigraphisch enghorizontierten Schicht
              angereichert sind, sondern unregelmäßig verteilt überall im
              13,5 m hohen Mergelpaket vorkommen. Die Abstürze werden durch
              Regen, vor allem aber durch das Elbwasser aufgelöst, das im
              langsamen Rhythmus des Tidenanhubs und -falls die gelösten
              Feinsedimente abführt. Die zurückbleibenden Geschiebe, darunter
              die Artefakte, wurden keiner stärkeren mechanischen Einwirkung
              ausgesetzt, sie blieben in geradezu vorbildlicher Weise herauspräpariert
              am Fuß des Kliffes liegen. ... Nach der Entdeckung des
              Fundplatzes Wittenbergen durch Gustav Steffens im Jahre 1938 wurde
              zwischen dem Entdecker und dem Verfasser vereinbart, das Vorkommen
              vorerst nicht bekannt zu geben, um eine Zerstreuung dieser
              wertvollen Kulturreste zu vermeiden. G. Steffens (und in geringen
              Anteilen dem Verfasser) war es dadurch möglich, 15 Jahre lang den
              Fundplatz ungestört abzusammeln. Erfaßt wurde der Großteil
              jener Artefakte, die in den letzten Jahrzehnten aus dem
              anstehendem, alljährlich etwas zurückgesetzten Mergel
              freiwurden. ... 
               
              Diese Sammlung enthält ungefähr 3000 Exemplare, darunter einige,
              die nach Neuabbrüchen aus dem Anstehenden entnommen wurden. Nach
              der Bekanntgabe wurden weitere Aufsammlungen durchgeführt, die
              wir auf rund 3000 Objekte schätzen können. Die Altonaer Gruppe
              gehört nach ihren technischen Grundlagen der Urkultur des
              Heidelbergers an. Ob ein Glied aus dem Hauptstamm vorliegt oder ob
              es sich um eine abgezweigte Variante mit Sondercharakteristik
              handelt, ist noch nicht zu entscheiden. Bereits vorher wurde
              beschrieben, daß es sich bei dem Vorkommen von Wittenbergen, das
              Mergel enthält und auch feinste Konchylien und Holzreste ...
              vermutlich um den Transport der Artefakte in einem großen
              gefrorenen Grundmoränen-Mergelblock handelt.@ [RUST, 1971, S. 10,
              11] 
               
              AAnschließend an den Fundplatz Wittenbergen wurde ein weiteres
              etwas variierendes Artefaktvorkommen festgestellt, und weitere
              reichen auf 10 km Länge im rechten Elbufer bis nach Hamburg. Die
              volle Erschließung dieser Fundzonen ist durch Steilhang- und
              Uferbefestigungen aller Art heute unmöglich. (A. Rust u. G.
              Steffens 1962)@ [RUST, 1971, S. 14] 
               
               
               
              III. 2. Vinzier (Bad Oldesloe) 
               
              Die Fundstelle liegt in einer Sandgrube, in der würmzeitliche
              Kiese und Sande abgebaut werden. Die Artefakte lagen in einer 0,5
              m mächtigen Schicht an der Oberkante der Sande und waren in einem
              nach den Rändern ausdünnenden Bereich von cirka 100 x 100 m
              angereichert. Gefunden wurden etwa 500 Exemplare (1971), die
              typologisch eine Einheit bilden. [nach RUST, 1971, S. 12] 
               
              ADie Funde von Vinzier sind das örtlich und typologisch
              geschlossendste Vorkommen der Heidelberger Kultur, das wir bisher
              aus ganz Nord-West-Europa kennen. ... Unter Geschlossenheit
              verstehen wir eine starke Anreicherung auf engstem Raum, die
              technisch gleichförmige Zurichtung der Artefakte, die übereinstimmende
              Patina und den gleichartigen Erhaltungszustand. ... Ein nicht sehr
              hoher Anteil der Werkzeuge von Vinzier ist aus Abschlägen
              hergestellt, die aber nicht von regelrechten Kernsteinen
              abgetrennt wurden, sondern zumeist noch die Rinde des Geschiebes
              tragen...@ [S. 21, 22] 
               
               
               
              III. 3. Morsum (Sylt) 
               
              Im Abfall des Morsum Kliffs, cirka 3 m unter der heutigen Oberfläche,
              fand RUST eine 0,3 bis 0,5 m starke Kiesschicht in der er etwa
              drei Dutzend Flintgeräte, zahlreiche Quarz- und Quarzitgerölle
              mit Windschliffen (ein- und zweiseitige Windkanter), "unter
              diesen waren auch einige wenige vorhanden, die anmuteten, als könnten
              sie von Menschenhand zugeschlagen worden sein" barg. [RUST,
              1956, S. 24, 25] 
               
               
               
              III. 4. Grafenrain bei Mauer (Heidelberg) 
               
              "... 
               
              Neuere Untersuchungen weisen die Fundschicht in die
              Sauerstoffisotopen - Stufe 17 oder 15 im frühen Mittelpleistozän,
              was auf höchstens 750.000 und mindestens 600.000 Jahre geschätzt
              wird. 
               
              Ludwig Zöller, vom Heidelberger Institut für Archäometrie, gibt
              in dem Film "Auf den Spuren von Adam und Eva", Teil 2,
              (Bayerischer Rundfunk 1993), für die Maurer Sande der Fundschicht
              ein Alter von 600.000 bis 720.000 Jahren nach TL-Datierung an. Da
              die TL-Datierung, nach den Ergebnissen der Überprüfung anhand
              der Keramik von Ritsch, als nicht zuverlässig gelten muß und
              sich ein stratigraphischer Zusammenhang der Fundschicht von 1907
              und den heute noch anstehenden Profilen der Sandgrube nicht sicher
              nachweisen läßt, muß die Datierung als unsicher gelten. 
               
               
               
              Die neuesten Forschungsergebnisse wurden 1992 in der
              Begleitpublikation der Mannheimer Sonderausstellung
              "Schichten - 85 Jahre Homo erectus heidelbergensis von
              Mauer" publiziert. Ein zusammenfassender Bericht findet sich
              in der Zeitschrift "Antike Welt" 1/1993, S. 71-73. Darin
              ziehen die Autoren einige gewagte Schlußfolgerungen: 
               
              "Wegen der Vielfalt der Gerätetypen und der weitgehend gut
              erhaltenen Hornsteine, aber auch des Unterkiefers selbst und
              seiner Begleit-Fauna wird ein Rastplatz von Homo erectus
              heidelbergensis in der näheren Umgebung des Fundmaterials
              vermutet. Da die Technik der Steingeräteherstellung gut in das
              bekannte Bild von Lagerplatzinventaren aus der Zeit des Homo
              erectus paßt und dort neben Kleingeräten aus harten
              Silexvarianten auch größere Hackgeräte aus Geröllen oder
              Felsgestein kennzeichnend sind, muß wohl für Mauer nun auch ein
              Teil der von Alfred Rust in den 50er Jahren in der Sandgrube
              'Grafenrain' geborgenen grob behauenen Sandsteingerölle als
              Artefakte anerkannt werden. 8 
               
              Die Vielfalt der Werkzeugtypen aus der Zeit des Homo erectus weist
              offensichtlich bereits auf differenzierte Wirtschaftsbereiche mit
              darauf abgestimmten Geräteinventaren hin, man kann aus ihnen eine
              traditionelle Aufteilung unterschiedlicher Funktionen und Aufgaben
              ablesen. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
              Organisationsmuster des Homo erectus dürfen also nicht unterschätzt
              werden. Da Kultur zudem als ein System aller gesellschaftlichen Phänomene
              verstanden werden kann und einzelne Elemente eines Systems jeweils
              eine auf das Ganze bezogene Klassifizierung erkennen lassen, muß
              man vermuten, daß die auffällige Differenzierung der Inventare
              und Geräteklassen auch ein Spiegel gesellschaftlicher Ordnung und
              Traditionen ist. Daraus ist zu folgern, daß die Differenzierung
              der Aufgaben und der dazu notwendigen Objekte nur über eine damit
              verbundene Begrifflichkeit zu regeln ist. Die Idee eines Gerätes
              ist nur in einem gesellschaftlichen System vorhanden, in dessen
              kommunikativer Struktur sie entstehen kann. Der 'Mensch von Mauer'
              hat demnach gesprochen; seine Sprache wird wohl noch sehr urtümlich
              artikuliert gewesen sein. Immerhin zeigt der Homo erectus gegenüber
              seinen Vorfahren während der 1,6 Millionen Jahre seines Bestehens
              in Afrika, Asien und Europa - vor ca. 1,8 bis 0,2 Millionen Jahren
              - ein eindrucksvolles Anwachsen der Schädelkapazität von 700 auf
              1300 ccm9, was in diesem Zusammenhang nicht ohne Bedeutung war,
              wie neuere anatomische Forschungen belegen, die zudem den archäologisch
              gezogenen Schluß der Sprachfähigkeit des Homo erectus
              heidelbergensis stützen.10" (Literaturangaben im Zitat: 
               
              8 RUST, 1956 und BEINHAUER u.a. (Hrsg.) 1992 
               
              9, 10 BEINHAUER u.a. (Hrsg.) 1992} [BEINHAUER u.a. 1993: S. 72] 
               
              Wie die Verfasser zu der Schlußfolgerung gelangen: "... Die
              Idee eines Gerätes ist nur in einem gesellschaftlichen System
              vorhanden, in dessen kommunikativer Struktur sie entstehen
              kann." … 
               
              und daraus dann ein Sprechvermögen ableiten, ist für mich nicht
              nachvollziehbar. Die Tradition einen bestimmten Gerätetyp
              herzustellen, ist nicht an Sprache gebunden. Es ist viel
              leichter, die Herstellung eines Gerätes zu beobachten und dann zu
              versuchen, die beobachteten Fertigungsschritte nachzuvollziehen,
              als sich die Geräteherstellung in Worten erklären zu lassen und
              diese theoretische Erklärung dann in die Tat umzusetzen. Auch
              heute noch werden viele Fertigkeiten durch Imitation als
              Beobachtung und Nachvollzug erlernt. Gerade im manuellen Bereich
              ist dieses Vorgehen weit verbreitet. Es setzt keinerlei
              Sprachvermögen voraus, wenn es auch gelegentlich hilfreich sein
              mag, Fragen stellen und Antworten bekommen zu können. Die Idee
              eines Gerätes muß zuerst nur beim Verfertiger dieses Gerätes
              vorhanden sein, um seine Form aus dem Rohmaterial herausarbeiten
              zu können. Es wäre auch möglich, daß eine geeignete Form durch
              Zufall bei der Steinbearbeitung entsteht und der Verfertiger
              erkennt, daß dieser "Ausschuß" für eine bestimmte Tätigkeit
              besonders geeignet ist, er diesen neuen "Gerätetyp"
              jetzt gezielt immer herstellt, wenn er diese Tätigkeit ausüben
              will. Ist dieser neue Typ in der Anwendung und/oder Herstellung
              effektiver als der bisher benutzte Typ, so hat er gute Chancen,
              auch von anderen übernommen und so in eine Gruppe und mit der
              Zeit in einer Population tradiert zu werden. 
               
              Im selben Aufsatz betreiben die Autoren auch noch etwas
              "Statistik", so geben sie die durchschnittliche Größe
              der Artefakte mit 35,3 x 26,1 x 12,8 mm, das größte Stück mit
              73 x 60 x 26 mm an. Nun bleibt es dem Leser überlassen zu
              spekulieren, wie wohl die Abmessungen der übrigen dreißig
              Artefakte (31 insgesamt) sein können, um als Gesamtheit die
              Durchschnittsgröße zu erfüllen, oder aber er liest BEINHAUER
              u.a., 1992, "Hornstein-Artefakte von der Fundstelle des Homo
              erectus heidelbergensis aus Mauer", wo die Stücke mit Maßangaben
              beschrieben sind. Weiterhin geben die Autoren an: 14 % der Funde
              bestehen aus dunklem, leicht gefaserten Hornstein, 86 % aus
              braunem Jurahornstein. Die Artefakte sind zu 28 % abgerollt und
              kantengerundet, 66 % sind gut, 7 % sehr gut erhalten. 
               
              Umgerechnet auf 31 Artefakte ergeben sich 4,34 / 26,66 / 8,68 /
              20,46 / 2,17 - hier würde sich also eine Angabe nach Stückzahl
              eher anbieten als eine Prozentangabe, die den Leser nicht zu
              eindeutigen Ergebnissen führt, bzw. 1/10% Angaben, die zu
              ganzzahligen Ergebnissen führten (man hat sich ja auch nicht
              gescheut die "Durchschnittsmaße" auf 1/10 Millimeter
              anzugeben. 
               
              Die Hornstein-Artefakte sind keine "Heidelberger Typen"
              nach RUST. In BEINHAUER u.a., 1992, sind auch einige Sandsteinstücke
              aufgeführt, dazu heißt es: 
               
              "d) Massives, möglicherweise behauenes Grobgerät, das als
              Chopper bezeichnet werden könnte. Es zeigt allerdings keine
              Abspaltflächen, die nicht auch durch natürliche Vorgänge im
              Kiestransport des Urneckars hätten entstehen können. Dieser Fund
              ist ein typischer Beleg für die Heidelberger Kultur Alfred Rusts
              (RUST, 1956: siehe auch Beitrag Fiedler, S. 74 ff), in der er
              sowohl deutliche Artefaktformen als auch alle Übergangserscheinungen
              bis hin zu einfachen Trümmerstücken untergebracht hatte."
              [S. 72] 
               
              Dazu ist anzumerken, daß RUST in seinen späteren Arbeiten ausführlich
              auf das Problem von Pseudoartefakten und Eolithen eingegangen ist
              1, wohl nicht zuletzt wegen der Kritik, die er aus Fachkreisen
              erfuhr. So daß oben der falsche Eindruck entsteht RUST hätte
              sich keine Gedanken zur Quellenkritik gemacht, das Gegenteil ist
              richtig. 
               
               
               
              III. 5. Stukenbrock (Bielefeld) 
               
              Walter ADRIAN sammelte zahlreiche Artefakte von der Oberfläche
              ab, die dort als "geschlossenes Vorkommen" (?) vorhanden
              waren. Das Material ist nordischer Flint von schlechter
              Beschaffenheit. [RUST, 1971, S. 33] 
               
               
               
              III. 6. Krefeld 
               
              "Ein reiches Fundgebiet scheint auch um Krefeld zu sein. Ich
              fand dort 1956 mehrere windgeschliffene, aus kristallinen
              Gesteinen gefertigte Heidelberger Artefakte, z.B. bei Brüggen, wo
              man solche von Menschen hinterlassene Kulturreste vielleicht mit
              den dort abgebauten Reuvertonen als datierbaren Horizont in
              Zusammenhang bringen kann. " [RUST, 1971, S. 33] 
               
               
               
              III. 7. Ziegenhain (Hessen) 
               
              Neben zahlreichen Geräten des "Faustkeilkreises" kommen
              gelegentlich ältere stärker verwitterte Belege aus der
              Heidelberger Kultur vor. [RUST, 1971, S. 36] 
               
               
               
              III. 8. Meiningen (Thüringen) 
               
              Nachdem RUST 1956 die dortige Sandgrube besuchte und Heidelberger
              Artefakte fand [RUST, 1971, S. 36] nahm Rudolf FEUSTEL 1958 dort
              eine Ausgrabung vor [FEUSTEL, 1959]. Er mag aber nicht
              entscheiden, ob es sich um Artefakte oder Pseudoartefakte bei
              diesen Fundstücken handelt. Es handelt sich um Buntsandstein- und
              Hornsteinstücke. 
               
               
               
              III. 9. Donauterrassen bei Wien 
               
              Hier wurden in den 50'er Jahren Nasenschaber und andere
              "Heidelberger Geräte" gefunden. Zur Stratigraphie und
              Typologie siehe MOHR / MOTTL, 1956. Auch A. RUST und H.
              SCHWABEDISSEN fanden 1955 bei einer Begehung (nach einer Tagung)
              einen Nasenschaber. [RUST, 1956b, S. 180 
               
               
              III. 10. Greding (Süddeutschland) 
               
              Neben einigen Heidelberger Geräten aus Flint fand sich auch ein
              Querschaber aus Kalk. Stratigraphische Zusammenhänge für die Geräte
              werden nicht mitgeteilt. [RUST, 1971, S. 44] 
               
               
              III. 11. Höwenegg / Hegau 
               
              Hierbei handelt es sich um eine unter paläontologischen
              Fragestellungen vorgenommene Ausgrabung neben einem Vulkankegel,
              in deren Abraum die Artefakte gefunden wurden. 
               
               
              III. 12. Chantal 
               
              Diese Fundstücke aus Puy Boudien bzw. Puy-Courny (Chantal,
              Frankreich) befinden sich heute in der Sammlung Westlake im
              Department Of Geology University Museum Oxford sowie in Sammlungen
              in Deutschland und Frankreich. Sie wurden Anfang dieses
              Jahrhunderts (1905 ?) gefunden. RUST, 1965, S. 59, schreibt dazu: 
               
              "... Als ältestes Werkzeugvorkommen vom Heidelberger Typ möchte
              ich einen sehr kleinen Anteil der französischen Chantalfunde
              ansehen. Diese Auffassung hat nicht das geringste mit einer
              Rehabilitierung der sogenannten Eolithen zu tun. Ich möchte
              lediglich versuchen einen Weg aufzuzeigen, der uns über begründete
              und nachprüfbare technisch-typologische Kennzeichen vielleicht
              die Möglichkeit gibt, Hinweise auf die Geburtsstunde der
              Menschheit zu geben. Die Chantalfunde gehören dem Unterpliozän
              an. Sie führen uns vielleicht mehr als fünf Millionen Jahre in
              die Vergangenheit zurück. Wer möglicherweise Träger dieser
              Altkulturen gewesen sein könnte, ist noch völlig rätselhaft
              ..." 
               
              In RUST/STEFFENS, 1962, geht RUST auf den Seiten 67 ff. auf den
              Anteil, den er für Artefakte hält, näher ein. Auf den Seiten 62
              ff. beschreibt er die Beziehungen dieser Funde zur "Altonaer
              Stufe" (die durch besonders große Geräte gekennzeichnet
              ist, so etwa mehrere Kilogramm schwere Schaber). Er erwähnt dort
              weiter den nahen Fundort Belbere (bei Aurillac). 
               
               
              III. 13. Nordafrika 
               
              Durch die Funde von H. ZIEGERT in Libyen [ZIEGERT, 1969, S.
              56-58], die aufgrund der guten Erhaltungsbedingungen in der Wüste
              mit wahrscheinlich nur wenig verlagerten Artefakten in Schottern,
              werden die Beobachtungen RUST's zur Typologie und
              Herstellungsweise voll bestätigt. Es finden sich Nasenschaber und
              zitruslamellenförmige Schaber. Voraussetzung für die altersmäßige
              Einordnung ist eine sorgfältige Analyse der Stratigraphie von
              Terrassenbildungen und Hangfußablagerungen. 
               
               
              III. 14. Peru 
               
              ALFRED RUST beschreibt in seinem Buch WERKZEUGE DES FRÜHMENSCHEN
              IN EUROPA, Neumünster 1971, S. 58: "Ein in Heidelberger
              Technik gearbeitetes Artefakt aus Peru" wie folgt: 
               
              "Meine Tochter Elke Rust fand 1966 im Stadtbereich von Lima
              an einem Bahndamm das in Abb. 28 vorgebrachte Artefakt. Es war mir
              nicht möglich, durch briefliche Anfragen zu ermitteln, wo der zur
              Aufschüttung des Dammes benötigte Boden entnommen wurde, doch
              darf man wohl annehmen, daß das Material ortsnahe abgebaut wurde. 
               
              Das Werkzeug ist aus einem geröllförmigen Basaltstück
              gefertigt. Die Retuschenkanten sind leicht verrundet, wodurch das
              Stück ein recht altertümliches Aussehen erhielt, doch reichen
              solche Erhaltungserscheinungen nicht aus, dem Artefakt ein tatsächlich
              hohes Alter zuzumessen, denn z.B. durch Wassertransport kann ein
              solches Aussehen auch in jüngster Zeit hervorgerufen worden sein.
              Die leicht gerollte Oberseite (Fig. a) des Werkzeuges ist allem
              Anschein nach äolisch geschliffen, während die einst im Boden
              steckenden leicht geglätteten Seitenkanten und die Unterseite
              nicht mit solcher politurartigen Glättung versehen sind. 
               
              Die Fingerkerben links und rechts des nasenartig
              herausgearbeiteten Vorsprunges sind, wie in der Heilberger Technik
              üblich, zum Schutze gegen Verletzungen bei hoher Druckanwendung
              über 90 Grad hinaus verstumpft worden. Die linke Kante in Fig. 4
              ist durchgehend von der Unterseite her retuschiert und am unteren
              Abschnitt mit einem Gegenschlag versehen, wie er gleichartig auch
              an den europäischen Artefakten dieser Art mehrfach vorhanden
              ist. An der flachen Unterseite ist rechtsseitig (Fig. c) ein großer
              Abschlag abgetrennt worden. Diese Fläche ist strukturell rauher
              als die übrigen Partien der Unterseite. Auch diese Art der
              Zurichtung ist an den europäischen Vertretern mehrfach zu
              beobachten (Taf. 17 u. A. RUST 1965, Abb. 4), rechts unten liegt
              der genannte Gegenschlag. Die rechte Kante (Fig. c) ist auf kurzem
              Abschnitt anscheinend nicht retuschiert. 
               
              Das Basaltartefakt entspricht in seiner Gesamtform und der
              speziellen technischen Zurichtung völlig den europäischen
              heidelbergischen Typen. Es ließe sich den plio-pleistozänen
              Industrien aus Europa-Nordafrika, die Artefakte aus kristallinen
              Gesteinen führen, als "normal-identisch" einfügen. 
               
              Zur Frage über das Alter, die kulturelle Zugehörigkeit und die
              Bindung an einen Träger solcher Industrien in Amerika lassen sich
              viele Hypothesen vorbringen, von denen vorerst keine praktisch
              realisierbar begründet oder erhärtet werden könnte." 
               
              Im Folgenden spekuliert RUST, wenn auch äußerst vorsichtig, über
              eine frühe Besiedlung Amerikas. Dieser Fund ist unter
              methodischen Gesichtspunkten betrachtet, ein umgelagerter
              Einzelfund unbekannter Herkunft und somit wenig aussagekräftig.
              Außerdem hält Professor Ziegert, der dieses Objekt untersucht
              hat, es nicht für artifiziell. Bei der Publikation dieses
              Objektes war wohl der Wunsch Vater des Gedankens, da RUST in den
              Zeitschriften für seine Postulierung der Heidelberger Kultur von
              verschiedenen Wissenschaftlern angegriffen worden war. 
               
               
              III. 15. Sonstige 
               
              1.) Grube Ingelfingen bei Frankenbach, dort fand RUST zwei
              artefaktverdächtige Gerölle. In der Grube Lauer eines und in der
              Grube Löffelhardt zwei "Heidelberger Artefakte" aus
              quarzitischem Sandstein [RUST, 1971, S. 39] 
               
              2.) An gleicher Stelle nennt RUST weitere Funde aus Schneidheim im
              Gebiet der Alb, sowie 
               
              3.) Funde aus der Tschechoslovakei mit weiteren Fundangaben aus Süddeutschland
              mit der Literaturangabe [ZEBERA, 1967]. 
               
              4.) Neckarschottern bei Frankenbach, ein stark abgerollter
              einfacher Nasenschaber [RUST, 1956, S. 17]. Im selben Buch (S. 23)
              gibt RUST eine Ziegeleigrube in Hummelsbüttel (Hamburg) und eine
              Sandgrube bei Tornesch (Schleswig-Holstein) als Fundplätze für
              nicht einzuordnende Artefakte an. 
               
               
               
               
               
              
              IV. Das Typenspektrum 
              
               
              Um Typen definieren zu können, brauchen wir unterscheidbare
              Merkmale bzw. Merkmalsgruppen, welche entweder gewollt entstehen,
              d.h. von den Herstellern der Geräte beabsichtigt waren oder
              unbeabsichtigt entstehen, dann aber nach nachvollziehbaren
              Kriterien. 
               
              Da die frühen Menschen nicht für uns heutigen Archäologen ihre
              Geräte herstellten, sondern um ihre jeweiligen Bedürfnisse zu
              befriedigen, sind unterschiedliche Gerätetypen nicht geplant
              entstanden, sondern ergaben sich aus der angestrebten Funktion,
              den Materialeigenschaften und der eingesetzten
              Herstellungstechnik. Wenn sich ein Produkt aus der Kombination
              dieser Faktoren besonders geeignet zeigte, um die geplanten Bedürfnisse
              zu befriedigen, wurde es immer wieder hergestellt und so tradiert.
              Dieses konnte einfach durch Nachahmung geschehen. Je häufiger ein
              solches Gerät hergestellt wurde und je weniger variabel die Form
              für eine bestimmte Funktion ist, desto leichter ist es für uns
              auffindbar und als Typ definierbar. Je größer die
              Variationsbreite der Form für die Funktion ist bzw. spezielle
              Unterschiede für uns nicht nachvollziehbar sind, da wir die Geräte
              nie in ihrer ursprünglichen Funktion sehen und heute andere Bedürfnisse
              und Materialien haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit,
              daß wir unterschiedliche Typen nicht erkennen bzw. Typen bilden,
              die zumindest im Hinblick auf die Funktion gleich sind. So müssen
              die von uns heute definierten Typen nicht mit den von den frühen
              Menschen definierten Typen übereinstimmen. 
               
              Außerdem gibt es eine Reihe von Faktoren, die zu bedenken sind. 
               
              Der Zweck für den das Artefakt hergestellt wurde, so ist es für
              kurzzeitigen Gebrauch nicht nötig einen bestimmten Gerätetyp
              sorgfältig herzustellen, z.B. für ein oder zwei Schnitte in
              Fleisch reicht eine scharfe Kante an einem Abschlagsplitter, wie
              man ihn anfassen kann ist eher nebensächlich. Will man mehr
              schneiden, so wird man ein Gerät herstellen, das sich günstiger
              handhaben läßt als dieser Splitter, um das Verletzungsrisiko zu
              minimieren und die Arbeitsökonomie zu maximieren. 
               
              Die Fertigkeiten des Herstellers und das Material das ihm zur Verfügung
              steht. 
               
              So werden Kinder oder ungeschickte Personen wahrscheinlich
              Auntypische@ Geräte bzw. Ausschuß fabrizieren, Kinder vielleicht
              auch kleinere Geräte. Gleiches gilt wenn nur schlechtes
              Steinmaterial zur Verfügung steht. 
               
              Persönliche Vorlieben oder Gegebenheiten die dazu führen, daß
              untypische Geräte hergestellt werden, z.B. Behinderungen nach
              Jagdunfällen o.ä. 
               
              Für unterschiedliche Materialien bzw. Vorgehensweisen angepaßte
              Werkzeuge, z.B. zur Fellbearbeitung, so könnte es ja sein, daß
              es günstig ist, nach Tierart, -alter und der eigenen
              Arbeitsweise, der Weiterverarbeitung bzw. dem beabsichtigten
              Endprodukt, unterschiedlich geformte Schaber zu benutzen.
              Weiterhin spielt das nutzbare Material eine wesentliche Rolle.
              Neben Artfakten aus Flint kommen auch solche aus kristallinen
              Materialien wie etwa Quarzid vor, auch Hartkalke eignen sich als
              Rohstoff für Geräte, wie sich durch Experimente zeigen läßt.
              Auch wenn die ASerienabschläge@ aus Hartkalk, die als artefiziell
              publiziert wurden, nach Untersuchungen von H. ZIEGERT natürlich
              entstanden sind. Wenn in Gebieten kein Flint vorkommt, mußte natürlich
              auf andere Rohstoffe zurückgegriffen werden. In Gebieten, in
              denen Flint häufig ist, sind viele Möglichkeiten denkbar, warum
              auch anderes Material zur Geräteherstellung benutzt wurde. [RUST,
              1971, S. 14 ff] diskutiert verschiedene Möglichkeiten zur Erklärung.
              Er postuliert zwei Gruppen, die eine soll Flint, die andere
              kristalline Gesteine zur Geräteherstellung benutzen. Die Gruppen
              sollen entweder gleichzeitig oder die Flintgruppe jünger oder die
              AQuarzidleute@ nördlicher sein. 
               
              RUST teilt die Funde in verschiedene Typen ein. Im Folgenden
              sollen sie kurz aufgezählt werden. Nähere Angaben zur
              Typenabgrenzung sowie Abbildungen können den RUSTschen
              Publikationen entnommen werden (insbesondere 1956, S. 16 ff und 30
              ff sowie 1971 mit zahlreichen Abbildungen). 
               
              Kernsteine sind nicht sicher nachgewiesen. 
               
              Abschläge sind relativ selten. Ob dieses mit den damaligen
              Tatsachen übereinstimmt oder uns nur aufgrund der Fundsituation
              in umgelagerten Schottern so erscheint ist unklar, da kleine
              Abschläge mit scharfen Schneiden und Kanten leicht herzustellen
              und universell zu verwenden sind, spricht alles dafür, daß sie häufig
              hergestellt und verwendet wurden. Durch die Sortierung und
              Umlagerung durch fließendes Wasser werden natürlich nur große
              Abschläge bzw. Geräte daraus mit anderen "Heidelberger Geräten"
              ähnlicher Größe und Strömungswiderstand zusammen abgelagert, während
              kleine Abschläge weiter transportiert werden und sich an anderen
              Stellen ablagern. Eine Zuordnung dieser Abschläge wird, wenn sie
              keine besonderen Merkmale tragen, die eine Zuordnung erlauben würden,
              nicht möglich sein. 
               
              Schaber hier unterscheidet RUST verschiedene Ausprägungen 
               
              Bogenschaber 
               
              Hohlschaber 
               
              Schaber mit dreikantigem Querschnitt 
               
              Würfelschaber 
               
              Doppelbuchtschaber 
               
              Gradschaber 
               
              Unregelmäßige Schaber 
               
              Spitzschaber 
               
              Hochkratzer 
               
              Kombinierte Schaber 
               
              Ob diese Zuordnungen wirklich ehemalige Typen bezeichnen oder nur
              "zufällige" Variationen aufgrund des verwendeten
              Materials, Geschick des Herstellers, Nachbearbeitungen usw.
              darstellen, ist fraglich. 
               
              Auch die jeweilige Zuordnung eines Einzelstückes zu einem der o.
              a. "Subtypen" ist subjektiv und daher von Person zu
              Person unterschiedlich. Dieses Problem wird noch verschärft, wenn
              beispielsweise Zeichnungen, Fotos und Originale von verschiedenen
              Fundstücken zur Zuordnung verwendet werden, da den Fotos ohne
              ausgefeilte Beleuchtung der "3D-Effekt" fehlt, während
              Zeichnungen eine Interpretation des Verfertigers darstellen und
              vieles "überzeichnet" werden kann, um die eigenen
              Ergebnisse deutlicher darzustellen. Dagegen ist im Prinzip nichts
              einzuwenden, man muß es nur wissen und berücksichtigen. 
               
              Spitzgeräte 
               
               
               
              Nasenschaber 
               
              Einfache Nasenschaber 
               
              Nasenschaber mit gegenständiger Retusche 
               
              Die Nasenschaber gehören zu den typischten Geräten der
              "Heidelberger Kultur". Aus einem plattigen Rohling
              werden alternierend bereite Kerben herausgearbeitet, so daß
              zwischen Ihnen eine "Nase" entsteht, die dann durch
              einen Schlag angeschärft wird. 
               
               
               
              Stichel 
               
               
               
              Hobel (Querhobel oder Querschaber) 
               
              Dieses ist der zweite Haupttyp der "Heidelberger Geräte". 
               
              "Die Grundform führt am Oberende oder seitlich eine
              gerundete, quer zur flachen Grundform des Gerätes stehende
              Schneide, die ungefähr so breit wie die Kante ist, an der sie
              angelegt wurde. Den einfachsten Querschaber kann man durch zwei
              gegenständlich geführte Schläge herstellen, wobei sich die
              Abschlagkanten treffen und dort eine scharfe Schneide
              bilden." [RUST, 1965, S. 39-40] 
               
               
               
              Sondertypen 
               
              Ob es wirklich besondere Geräte, die zu bestimmten Zwecken oder
              von einzelnen Personen (?) hergestellt wurden, oder besonders unglücklich
              gelungenen Exemplare der "Normalgeräte", sind? Wer mag
              das beurteilen? 
               
               
               
              V. Die Herstellungstechnik 
              Die Artefakte sind Ahart@ geschlagen, nach RUST, 1971, S. 16ff ist
              eine Unterscheidung in technisch Aalt@ oder Aprimitiv@ anmutende
              AGrobartefakte@ die groß, oft plump und hoch[1] seien. 
               
              ASolche plumpen Artefakte mit hohem Rücken werden in Spreiz- oder
              Primitivgriff gefaßt, vergleichbar dem Erfassen eines Balles. Die
              Zurichtung jüngerer Artefakte läßt erkennen, daß die
              technische Tendenz zu flacheren Formen überleitet, die im
              Querschnitt zitrusförmig waren, womit eine bessere Wirkung bei
              der Bearbeitung von Holz oder Knochen erreicht wurde. Mit einer
              rechtwinkligen Arbeitskante, bei einer Winkelstellung von etwa 90
              Grad also, kann man nur eine kratzende Wirkung erzielen, während
              bei einer Winkelstellung von vielleicht 45 Grad oder weniger die
              Retuschenkante mehr schneidend-hobelnd angreift und somit
              wirksamer ist. Parallel zu dieser Tendenz läuft die Verlagerung
              der Nasenpartie am Oberende des Artefaktes (Abb. 17 ) an eine
              Seitenkante (Abb. 2, 15, 18), dieser Typ dominiert in den jüngeren
              Heidelberger Kulturen. Dadurch wurde eine größere Sicherheit in
              der präzisen Führung des Werkzeuges erzielt. Bei einer Übersicht
              gewinnt man den Eindruck, daß in den älteren Phasen häufiger
              grobkristalline Gesteine wie Granite, Basalte, Porphyr verwendet
              wurden, während man in den jüngeren Kulturen feinkörnigeres
              Material, überwiegend Quarzit, bevorzugte.@ [S. 18] 
               
              RUST unterscheidet streng zwischen der altersmäßigen Einschätzung
              anhand der Technik und dem tatsächlichen Alter der jeweiligen
              Artefakte. 
               
              Das Ausgangsmaterial ist zumeist kristallines Gestein, seltener
              Flint, häufig sind es plattige Gerölle. Da die Gerätegriffe der
              Hand angepaßt sind, sind die Fingerkerben gegenständig
              geschlagen und übersteilt um Verletzungen zu vermeiden, bei Flint
              und anderem glatten Material sind die Fingerkerben ausgeprägter,
              als bei rauhem Material wie etwa Quarzit [RUST, 1965, S. 39]. Die
              Schneiden der Nasenschaber sind so geschlagen, daß man die Geräte
              etwa im 45° - Winkel zur zu bearbeitenden Oberfläche ansetzen muß,
              was die Fingernägel weit genug von der Oberfläche abhält, so daß
              man sich keine Splitter darunter reißt, wenn man auf rauhen
              Oberflächen zu sich hin arbeitet (zur Rechts- und Linkshändigkeit
              der Geräte siehe Seite 22,23).. 
               
              In RUST 1965, S. 42, führt er aus, daß die Artefakte häufig
              ein- oder zweimal nachgeschärft wurden, wobei sich an Hand
              unterschiedlicher Patinierung und Einfluß von Windschliff zeigen
              lasse, daß zwischen den Verwendungen eine lange Zeit vergangen
              sein müsse (Jahrtausende), und daß man nach der Art und dem Ort
              der Nachschärfung (an den ehemals schon bearbeiteten Teilen) von
              natürlichen mechanischen Einflüssen absehen müsse.1 
               
               
               
              
              VI. Die Funktion Griffteil / Wirkteil. 
              
              Modellbildungen und aktualistische/ethnologische Vergleiche 
               
              Da wir heute keine Steingeräte mehr verwenden und sich auch
              unsere übrige Lebensweise so sehr von der früherer Menschen
              unterscheidet, daß wir ihr sonstiges Kulturverhalten nicht aus
              unserem ableiten können, müssen wir versuchen Mittel und Wege zu
              finden, die es uns erlauben Aussagen auf damalige Zustände zu
              machen. 
               
              Da wir keine AZeitmaschine@ haben, die es uns erlauben würde, dem
              damaligen Menschen über die Schulter zu gucken, wozu er seine
              Steingeräte nun tatsächlich verwendete, können wir nur
              versuchen uns im Geiste in die damalige Situation der frühen
              Menschen zu versetzen um uns Modelle zu bilden, die Aussagen über
              das Werkzeug erlauben. 
               
              Voraussetzungen dazu sind: 
               
              Eine Umweltrekonstruktion, um daraus Rückschlüsse auf die Verhältnisse
              zu ziehen, in der die jeweiligen Menschen lebten (mögliche
              Jagdbeute, sammelbare Nahrung, verfügbares Material, usw.) 
               
              Ein Kulturmodell aus dem sich zusammen mit der
              Umweltrekonstruktion Bedürfnisse und Möglichkeiten zu deren
              Befriedigung bei einer angenommenen Technologie ableiten lassen. 
               
              Eigene Kenntnis dieser angenommenen Technologie durch
              Beobachtungen und Experiment (bzw. Beschreibung davon). 
               
              Mit Hilfe der drei obigen Aspekte lassen sich nun Hypothesen
              bilden zu einzelnen Fragestellungen, z.B. womit und wie zerlegte
              der frühe Mensch seine Jagdbeute? Oder ausgehend von einem
              Artefakt, wozu kann dieses Gerät gedient haben? 
               
              Um die Hypothesen zu überprüfen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
              u.a. Spurenanalyse, dieses wäre, da von überprüfbaren
              physischen Faktoren ausgegangen würde, eine gute Überprüfungsmethode,
              wenn es nicht einige gewichtige Einwände gäbe. Zum einen sind
              die hier behandelten Artefakte sehr alt, was die Erhaltungsfähigkeit
              von Spuren sehr beeinträchtigt, z.B. durch physikalische und
              chemische Verwitterung, im Bereich der Eiszeiten durch Umlagerung
              und damit verbundener Abrollung, was die Gebrauchsspuren tilgt.
              Aber selbst wenn sich Gebrauchsspuren zeigen, ist nicht sicher, daß
              unsere Interpretation dieses oder jenes Vorgehen habe die Spur am
              Gerät gesetzt, die einzige Möglichkeit solche Spuren zu erzeugen
              ist, daß ein solches Gerät immer bzw. häufig zu dieser Tätigkeit
              benutzt wurde (auch heute benutzen z.B. einige Zeitgenossen
              Schraubendreher um damit Löcher in Wände zu stemmen). Außerdem
              bleibt das Problem unerklärbarer Spuren bzw. sich überlagernder
              Spuren von unterschiedlichem Gebrauch. Veränderungen an der Spur
              im Laufe der Zeit unter verschiedensten eventuell nicht
              nachvollziehbaren Umweltbedingungen könnten zu falschen
              Ergebnissen führen, gleiches gilt für den experimentellen
              Nachvollzug von angenommenen Tätigkeiten früherer Menschen um
              Vergleichsspuren für die Interpretation zu erlangen. Durch
              unterschiedliche Materialeigenschaften des verwendeten Werkzeuges
              bzw. bearbeiteten Werkstückes (z.B. fettiger, frischer Knochen /
              gekochter Knochen), unterschiedlicher Handhabung (Druck,
              Bearbeitungsrichtung, Anstellwinkel usw.) könnten Fehler
              auftreten, die unsere Interpretation falsch werden lassen. Selbst
              wenn die Spuren sich sehr stark ähneln, kann es noch andere Möglichkeiten
              geben sie zu erzeugen als die experimentell überprüften. Sicher
              ist diese Methode nur, wenn Werkzeug und bearbeitetes Werkstück
              im Zusammenhang, möglichst als geschlossener Fund, gefunden
              werden, da man dann davon ausgehen kann, daß die Spuren am
              Werkzeug und Werkstück, wenn sie überein stimmen, auch durch das
              Werkzeug verursacht wurden. 
               
              Experimente sind eine weitere Möglichkeit Hypothesen zu überprüfen.
              Wie schon oben ausgeführt, gibt es viele Variablen, die Einfluß
              auf das Ergebnis eines Experimentes nehmen können. Auch gab es in
              der paläolithischen Lebensweise sicherlich Probleme und
              technische Lösungen dafür, die wir aufgrund fehlender Vergleiche
              nicht gedanklich erschließen, so daß wir Experimente dazu gar
              nicht ausführen (können). In diesem Zusammenhang gilt es auch zu
              bedenken, daß wir über die Geräte dieser Zeit, die nicht aus
              Stein bestanden, so gut wie nichts wissen aufgrund ihrer
              schlechten Erhaltungsfähigkeit. So lassen sich natürlich Geräte
              für unterschiedlichste Zwecke auch aus anderen Materialien
              herstellen, so daß hierfür keine Steingeräte nötig waren. 
               
              Auch wenn unsere Experimente zeigen, daß ein Gerät für einen
              bestimmten Zweck gut geeignet ist, haben wir nur eine Möglichkeit
              des Gebrauchs nachgewiesen, nicht den Gebrauch selber. 
               
              Eine weitere Möglichkeit wäre der ethnographische Vergleich an
              Hand von Kulturen die rezent oder subrezent Steingeräte
              herstellten und verwendeten. Da aber die heutigen Wild- und
              Pflanzenbeuter zum einen in einer anderen (meist ungünstigen)
              Umwelt leben und eine physische und psychische Evolution auch bei
              ihnen stattgefunden hat, so daß wir davon ausgehen müssen, das
              ihr Verhalten 300.000 Jahre oder noch mehr Amoderner@ ist als das
              eines Homo erectus; mit für uns unbekannten Auswirkungen. Deshalb
              können wir ihr Verhalten und ihre Werkzeuge nicht einfach als
              Modell übertragen, sondern nur einzelne Aspekte nach sorgfältiger
              Überprüfung. 
               
              Da die altpaläolithischen Geräte meist einen großen Griffteil
              und nur einen relativ kleinen Wirkteil haben, sind viele von ihnen
              entweder nur für rechts- oder linkshändigen Gebrauch geeignet.
              Je nach Schlagrichtung bei der Herstellung der Fingerkerben und
              Schneide, z.B. bei Querhobeln, wird die Benutzungshand festgelegt.
              Wenn wir voraussetzen, daß die aufgefundene Zahl der links- und
              rechtshändigen Geräte repräsentativ für die hergestellten Geräte
              ist, können wir auf die Verteilung von Links- und Rechtshändern
              bei den Benutzern dieser Geräte zurückschließen. Eine weitere Möglichkeit
              zur Erklärung wäre, daß die damaligen AHandwerker@ bei Ermüdung
              ihrer Astarken@ Hand mit der anderen weiterarbeiteten, wofür sie
              natürlich ein dafür angepaßtes Gerät brauchten. Dieses würde
              aber voraussetzen, daß ihre beiden Hände etwa gleich kräftig
              und geschickt waren, was den heutigen Erfahrungen nicht
              entspricht, obwohl viele Aerzwungene@ Rechtshänder geschickte
              linke Hände haben. 
               
              Interessanterweise nimmt der Anteil linkshändiger Geräte im
              Laufe der Zeit ab, 
               
              wie folgende Tabelle zeigt: 
               
               
               
              
                
                  | 
              Fundort | 
                  
              linkshändige Werkzeuge | 
                  
              rechtshändige Werkzeuge | 
                 
                
                  
              Jabrud (39 Artefakte)
              Jabrudien Kultur
               
              Flint, Alter etwa 70.000 Jahre | 
                  
              30 % | 
                  
              70 % 
                     | 
                 
                
                  
              Vinzier (133 Artefakte)
              Heidelberger Kultur
               
              Flint, Alter etwa 250.000 Jahre ? | 
                  
              33 % 
                     | 
                  
              67 % 
                     | 
                 
                
                  | 
              Wittenbergen (130 + 141 Artefakte)
              Heidelberger Kultur, Altonaer Gruppe   Flint, Alter etwa 250.000 Jahre | 
                  
              30 % | 
                  
              70 % | 
                 
                
                  
              Mauer (55 Artefakte)
              Heidelberger Kultur
               
              Quarzid, Alter etwa 500.000 Jahre | 
                  
              37 % 
                     | 
                  
              63 % | 
                 
                
                  
              Sülzfeld (40 Artefakte)
              Heidelberger Kultur
               
                    Quarzit, Alter etwa 1 bis 2 Mio. Jahre [???] | 
                  
              44 % | 
                  
              56 % | 
                 
                
                  
              Wittenbergen (83 Artefakte)
              Heidelberger Kultur
               
              Quarzid, älter als 250.000 Jahre ? | 
                  
              47 % | 
                  
              53 % | 
                 
               
              
              [nach RUST, 1971, S. 63 - 66] 
               
              
               
               
              
              VII. Die Heidelberger Kultur in der damaligen wissenschaftlichen
              Debatte 
              
              In Heft 7 von Eiszeitalter und Gegenwart befindet sich nach den
              Artikeln von A. RUST und MOHR / MOTTL auf Seite 219 eine
              Buchbesprechung Alfred RUST's "Artefakte aus der Zeit des
              Homo Heidelbergensis in Süd- und Norddeutschland' von Paul
              WOLDSTEDT (dem Herausgeber von Eiszeitalter und Gegenwart): 
               
              "Der Verf. beschreibt aus den tieferen Schichten der Grube
              Grafenrain bei Mauer, in denen im Jahre 1907 der berühmte
              Unterkiefer des Homo heidelbergensis gefunden wurde,
              artefaktartige Bildungen. Es handelt sich nach Ansicht des
              Verfassers um eine ganze Industrie - Schaber der verschiedensten
              Formen, Spitzgeräte, Nasenschaber, Stichel, Hobel usw., im ganzen
              etwa 120 Stück. 
               
              Ähnliche Industrien glaubt der Verf. in Norddeutschland entdeckt
              zu haben, und zwar einmal in einer Geröllzone, unbekannten (aber
              wahrscheinlich altpleistozänen) Alters vom Morsum Kliff auf Sylt
              Der Verf. geht weiter davon aus, sich in nordischen Grundmoränen
              in größerem Umfange paläolithische Artefakte finden lassen. So
              ist von G. STEFFENS am Schulauer Elbufer, wahrscheinlich aus einer
              Grundmoräne des W'arthe-Stadiums ('Riß II'} eine 'clactonartige
              Industrie' (mit 1000 Stück !) gesammelt worden ('Altonaer Stufe).
              . Eine andere Fundgruppe ('Wedeler Stufe') führt kleinere Geräte.
              Nach Ansicht von RUST soll aber ein Teil der Funde auch zur
              Heidelberger Industrie gehören. Das würde eine mehrfache
              Umlagerung voraussetzen. - 
               
              Es soll an dieser Stelle nicht zu der Form der Werkzeuge als
              solcher Stellung genommen werden. Das mag von berufenerer Seite
              geschehen. Hier aber seien einige Bedenken des Geologen geäußert,
              die sich vor allem auf die norddeutschen Funde beziehen. Wie soll
              es möglich sein, daß in einer Grundmoräne ein geschlossener
              Artefaktenbestand nicht nur nach einmaliger, sondern sogar nach
              mehrmaliger Umlagerung erhalten bleiben kann? Das widerspricht zum
              mindestens allen bisherigen Erfahrungen der norddeutschen
              Glazialforscher. Die Geschiebeuntersuchungen von M. SAURAMO in
              Finnland und von G. LUTNDQVIST in Schweden haben gezeigt, daß
              wohl in unmittelbarer Nachbarschaft vom Anstehenden sich ein
              bestinmtes Gestein in der Grundmoräne nachweisen läßt, daß
              aber dann die Spuren sehr schnell gering werden. Es müßten
              Lagerplätze mit der Anhäufung ungeheurer Artefaktmengen
              vorhanden gewesen sein, wenn diese in einer sich überschiebenden
              Grundmoräne in solcher Konzentration erkennbar sein sollten. Aber
              so etwas mag schließlich noch im Bereich des Möglichen liegen -
              völlig unwahrscheinlich wird es für eine zweite Aufarbeitung. 
               
              Zum mindestens müßte in Norddeutschland erst einmal eine
              eindeutige Artefakt - Lagerstätte in situ nachgewiesen werden,
              ehe man ein- oder gar mehrmals umgelagerte anerkennen kann. So
              sollten die präglazialen Schichten Nordwestdeutschlands eingehend
              in dieser Beziehung untersucht werden. Wenn dort ein sicherer
              Fundplatz in situ mit allem, was dazu gehört - Knochen, evtl.
              Brandresten usw. - nachgewiesen ist, dann kann man auch der Frage
              möglicher Umlagerungen nachgehen. 
               
              Natürlich muß die ganze Frage der 'Heidelberger Artefakte' gründlich
              diskutiert werden, und so habe ich mich auch trotz schwerer
              Bedenken entschlossen, die in diesem Bande erscheinenden Aufsätze
              von A. RUST und H. MOHR & M. MOTTL drucken zu lassen. Daß sie
              - mindestens in einzelnen Teilen - lebhaften Widerspruch
              hervorrufen werden, darüber herrscht wohl kein Zweifel. Aber
              vielleicht führt die sich ergebende Diskussion doch zu einer Klärung
              mancher Fragen." 
               
              Eine Lösung des "Umlagerungsproblems" könnte die
              Aufnahme und Verlagerung in schon gefrorenem Zustand - als Block -
              sein. So finden sich gelegentlich in Gletscherlagerungen auch
              Pflanzenreste, wie etwa Blätter, Schneckengehäuse oder lange
              Torfbänder, die einen Transport im Gletscher viel weniger
              widerstehen würden als Steinartefakte. Deshalb wäre es möglich,
              daß z.B. fluviatil vorsortierte Artefakte ähnlich wie die
              organischen Reste vielleicht sogar mehrmals transportiert werden können,
              ohne sich "in alle Winde" zu zerstreuen. 
               
              Recht hat er natürlich mit seiner Forderung nach Fundplätzen in
              situ zu suchen. 
               
              Im selben Band von Eiszeitalter und Gegenwart ist auch ein
              "Bericht über die Tagung der Deutschen Quartärvereinigung
              in Laufen an der Salzach (Oberbayern) am 4. September 1955, die
              Exkursionen in Österreich und die Spätpleistozän-Diskussion in
              Wien am 9.9.1955" von Hugo GROSS. 
               
              Darin wird auch der oben von RUST erwähnte Nasenschaberfund
              behandelt. 
               
              "... A. RUST machte die Wiener Kollegen darauf aufmerksam, daß
              in den Schottern im Liegenden dieses Bodens Artefakte des
              Heidelberger Menschens zu erwarten seien. Eine halbe Stunde später
              fand H. SCHWABEDISSEN ein solches Stück, das von A. RUST als
              richtig anerkannt, von anderen als Pseudoartefakt aufgefaßt
              wurde. A. RUST betonte aber, daß unter den von H. MOHR und H. KÜPPER
              in den altpleistozänen Schottern des Laaer Berges gesammelten
              artefaktverdächtigen Quarzgeröllen echte Artefakte vorlägen,
              die völlig in den Rahmen der Typenskala der Geräte der
              Heidelberger Stufe passen, wie sie aus Mauer und aus
              Norddeutschland bisher mit über 500 Stück vorliegen. Er hält es
              nicht für aussichtslos, auch in spätpliozänen Ablagerungen in
              Europa nach Vorformen der Heidelberger Stufe zu suchen.
              ..."[S. 226] 
               
               
               
              
              VIII. Die Heidelberger Kultur aus heutiger Sicht 
              
              Die "Heidelberger Kultur" hat sich in der Wissenschaft
              nicht allgemein durchsetzen können. So schreibt z.B. PROBST,
              1991, S. 49: "Am Fundort des berühmten Heidelberg-Menschen
              von Mauer konnten bisher keine Steinwerkzeuge aus dem Protoacheuléen
              entdeckt werden. Die von dem Ahrensburger Prähistoriker Alfred
              Rust (1900-1983) in Mauer entdeckten Hackgeräte (Choppers) sind -
              wie sich später herausstellte - auf natürliche Weise entstanden
              und nicht von Heidelberg-Menschen zugeschlagen worden. Daher hat
              der 1956 von Rust geprägte Begriff Heidelberger Kultur keine Gültigkeit." 
               
              Dazu ist anzumerken, daß selbst, wenn die Artefakte keine wären,
              sich dieses nicht auf alle anderen Artefakte auswirkte, man könnte
              also höchstens eine falsche Namenswahl beklagen, aber nicht den
              Begriff als solchen negieren würde. 
               
              Auf der 29. Tagung der Hugo Obermaier - Gesellschaft 1987 in
              Alsfeld hielt K. D. ADAM einen Vortrag mit dem Titel "Die
              'Heidelberger Kultur’ - ein Nachruf". Leider liegt mir nur
              die Kurzzusammenfassung von Ursula RINKEL-STEGER in Quartär 39 -
              40, (im Literaturverzeichnis a1s ADAM, 1989) S. 233 ff, vor, so
              dass eine abschließende Beurteilung der vorgebrachten Argumente
              hier nicht möglich ist. 
               
              "Die von A. Rust postulierte ’Heidelberger Kultur' gründete
              sich zunächst auf wenige 1953 in der Sandgrube Grafenrain bei
              Mauer an der Elsenz aufgesammelte Buntsandsteingerölle. Rust
              interpretierte sie als Artefakte und wies sie dem Homo
              heidelbergensis zu. Durch weitere Aufsammlungen am locus typicus
              und im stratum typicum konnte der Fundbestand gemehrt werden. Auch
              an anderen Fundstellen wollte Rust Artefakte dieser Stufe
              erkennen, deren Kennzeichen jeweils lokaler Rohstoff,
              ’gutes-in-der-Hand-liegen' sowie Gruppierbarkeit nach Typen sein
              sollten. Als Beleg für das hohe Alter der `Geröllgeräte' ohne
              klare Bearbeitungsspuren wurde die Faunendatierung der jeweiligen
              Schichten herangezogen. Insgesamt wurde der 'Heidelberger Kultur'
              ein Zeitraum von über zehn Millionen Jahren zugeschrieben. Er
              sollte mit ins Miozän zu stellenden Artefakten vom Hövenegg im
              Hegau über Sulzfeld, Mauer und Süßenborn bis ins mittlere und jüngere
              Pleistozän reichen. Die Uniformität der `Artefakte' über
              Hunderttausende von Generationen bei Weiterentwicklung der
              menschlichen Hand wurde durch Verharren im Brauchtum begründet.
              Neben der langen Laufzeit schrieb Rust der 'Heidelberger Kultur'
              auch eine große geographische Verbreitung zu: Vom Kerngebiet
              Mitteleuropa aus sollte sie bis Vorderasien und Nordafrika
              ausgestrahlt haben; evtl. sogar bis in den asiatischen Raum und
              auf den amerikanischen Kontinent Als auf Pseudoartefakten
              basierendes Gedankengebilde sollte die `Heidelberger Kultur' nach
              dem Referenten zwar in die Forschungsgeschichte eingehen, aber
              keinen Platz in der modernen Urgeschichtsforschung haben. 
               
              Die Diskussion (Smolla, Bokelmann, Adam) behandelte die grundsätzliche
              Problematik von Pseudoartefakten und die Notwendigkeit einer
              kritischen Durchsicht einzelner Fundbestände." [S. 233-234] 
               
              Wie auch andere meinen, (siehe die Meinung Lutz FIEDLERs im nächsten
              behandelten Aufsatz), schießt der Vortrag weit an RUSTs Ausführungen
              vorbei (unterstellt einmal die Zusammenfassung ist
              "richtig"). So weist RUST eindeutig auf den nicht sicher
              belegten Zusammenhang der Funde von Hövenegg mit den
              Seeablagerungen, da die Funde aus dem Abraum der paläontologischen
              Grabung ausgesiebt wurden, hin: 
               
              "Zur Frage steht, ob die sekundär gelegenen Artefakte tatsächlich
              den unterpliozänen Seeschichten entstammen." [RUST,1971, S.
              51] 
               
              Und weiter 
               
              "Es scheint mir nicht abwegig, zu glauben, dass die
              Erstergebnisse Brückners aus den Sedimenten von Hövenegg für
              die Geschichte der Menschheit in Europa und global von größter
              Bedeutung werden können. 
               
              Die bisherigen Befunde deuten auf eine Urbevölkerung hin, die
              unter günstigen biotopischen Bedingungen im Endtertiär über
              Millionen Jahre hinweg in Europa lebte." [RUST,1971, S. 71] 
               
              Hier steht deutlich zu lesen, das RUST hier Möglichkeiten
              aufzeigt, die seinem damaligen Kenntnisstand entsprachen und durch
              weitere Forschungen zu verivizieren oder falsivizieren sein würden.
              Aber vielleicht hat ADAM ja nur das Vorwort von RUST, 1971, S. 5,
              gelesen, in dem als erster Absatz steht: 
               
              "In der folgenden Abhandlung bringen wir weitere Fakten und
              Begründungen als Belege für die Existenz einer urmenschlichen
              Gruppe in Europa, deren manuelle Erzeugnisse als Steinwerkzeuge
              von archaischer Formung bis ins Endtertiär nachgewiesen werden können.
              Artefakte der Heidelberger Kulturen, deren Träger im Altpleistozän
              der Homo heidelbergensis war, wurden kürzlich auch in Nordafrika
              und in Vorasien entdeckt." 
               
              Diese Aussagen werden im Buche selbst natürlich ausgeführt und
              relativiert. In RUST 1965, S. 46 - 48 schreibt dieser: 
               
              "Wir können das endtertiäre Pliozän als jenen klimagünstigen,
              noch warmen Zeitraum ansehen, in dem der Mensch entstanden sein könnte.
              Ich halte es allerdings für möglich, dass das echte Eolitikum,
              also jener Entwicklungsabschnitt, in dem das technische
              Erfahrungssubstrat noch nicht zur Koordinierung eines festgefügten
              einheitlich individuellen Werkzeugbestandes herangereift war, bis
              ans Ende des Obermiozäns herabreichen könnte. Für die
              Richtigkeit dieser Hypothese liegen bisher aber keinerlei auch nur
              angedeutete Hinweise vor." 
               
              Weiterhin schreibt RUST in 1965, S. 56 ff: 
               
              "Kommen wir abschließend zur Frage nach dem Alter der
              Heidelberger Kulturen. Unsere Altersangaben sind allgemein als dem
              wirklichen Alter nur angenäherte Werte zu verstehen. Die jüngeren
              Heidelberger Funde von Wittenbergen bei Hamburg gehören einem
              Drente - Warthe – Interstadial oder dem Mindelrißinterglazial
              an. ....Als ältestes Werkzeugvorkommen vom Heidelberger Typ möchte
              ich einen sehr kleinen Anteil der französischen Chantalfunde
              ansehen. Diese Auffassung hat nicht das Geringste mit einer
              Rehabilitierung der sogenannten Eolithen zu tun. Ich möchte
              lediglich versuchen einen Weg aufzuzeigen, der über begründete
              und nachprüfbare technisch-typologische Kennzeichen vielleicht
              die Möglichkeit gibt Hinweise auf die Geburtsstunde der Menschen
              zu geben. Die Chantalfunde gehören dem Unterpliozän an ... . Sie
              führen uns vielleicht mehr als fünf Millionen Jahre in die
              Vergangenheit zurück.“ 
               
              Wie ADAM aus all diesem seine zehn Millionen Jahre Heidelberger
              Kultur ableitet, ist mir unverständlich, zu beachten sind auch
              RUSTs vorsichtige Ausführungen, die jeweils von der Möglichkeit
              sprechen - im Sinne von Arbeitshypothesen - die noch weiter zu überprüfen
              sind. Weiterhin schreibt RUST auf S. 48: 
               
              "Die später zurückgehende Dominanz der Nasenschaber und der
              Querschaber in den Industrien der Altmenschen geht vielleicht auf
              handanatomische 'fortschrittliche' Bedingtheiten zurück, die
              diese neuen Formen, als am Besten angepaßt, erwachsen ließen!' 
               
              Wie dieses zusammen mit dem Verharren im Brauchtum (unter dem RUST
              versteht, dass, wenn die Bedürfnisse des Menschen befriedigt
              werden können, schnelle Veränderungen nicht nötig und von den
              Menschen auch nicht gewünscht werden [S. 49 - 56]), und RUSTs
              Ausführungen in 1971, S. 60 ff, über den Primitiv- und
              “Affengriff“ zu der Aussage: "Die Uniformität der
              Artefakte über Hunderttausende von Generationen bei
              Weiterentwicklung der menschlichen Hand wurde durch Verharren im
              Brauchtum begründet" [ADAM, 1989, S. 224] kann ich nicht
              nachvollziehen. Vielleicht liegt hier ein Mißverständnis oder
              eine zu starke Verkürzung der Argumentation des Vortrages vor? Zu
              der Bemerkung des "gutes-in-der-Hand-liegen" ist zu
              sagen, daß dieses bei nicht geschäfteten Steingeraten eine
              Grundforderung ist um mit ihnen a) längere Zeit b) mit hohem
              Kraftaufwand und c) mit hoher Genauigkeit zu arbeiten. Es ist also
              eine Grundvoraussetzung die RUST als gelerntem Handwerker
              wahrscheinlich einsichtiger war, als manchem
              "Schreibtischkollegen". 
               
              Zudem geht RUST 1965, S. 43 ff, ausführlich auf das
              Pseudoartefaktenproblem ein: 
               
              "Es sind Unmengen von Eolithen, die Pseudoartfakte sind,
              gesammelt worden. Formen dieser Art entstanden vor einer Milliarde
              von Jahren und früher sowie allen folgenden Zeiten, im Tertiär,
              im Pleistozän, und sie entstehen in der Jetztzeit noch täglich.
              Die formliche Variationsbreite solcher Objekte ist unendlich, denn
              es gibt auf der Erde keine zwei natürlichen Gesteinsstücke,
              keine durch natürliche Kräfte artefaktartig geformte Gesteinsstücke,
              aber auch keine von Menschen hergestellte Steinwerkzeuge, die sich
              völlig gleichen. Pseudoartefakte werden immer nur vereinzelt
              aufgefunden, und sie variieren 'technisch` weitgehend
              untereinander. …Von den Verfechtern der Eolithen wurde die
              praktische Anwendbarkeit der Pseudowerkzeuge demonstriert. Das ist
              keine Beweisführung für eine wirkliche Anwendung, die für
              Vorpliozäne Zeitabschnitte sowieso ausfällt. Nun ist es aber
              tatsächlich so, dass in Lagerstätten, die bis in älteste
              Erdabschnitte hinabreichen, natürlich geformte Stücke
              aufgefunden wurden, die geschlagenen Artefakten formlich ähnlich
              sind. Sie sind wie die Artefakte durch Stoß- oder Druckeinwirkung
              zugerichtet worden, und man könnte davon Tausende zusammentragen.
              Es gibt uralte Fundstücke, die eine Form aufweisen, die denen aus
              neuzeitlichen Kulturen nahekommen. Sie sind zum Teil mit einem
              Abschlagbulbus, mit glatten, eingebuchteten oder vorspringenden 'Retutuschierungen'
              ausgestattet und würde man passende Exemplare den jeweiligen
              Industrien einordnen, so würde es schwerfallen, diese
              'Pseudowerkzeuge' bei gleicher Material und etwa gleicher Patina
              auszusondern!“ 
               
              RUST ist sich also der Pseudoartefaktproblematik sehr bewußt und
              versucht stets Pseudoartefakte bei seinen Betrachtungen zur
              Heidelberger Kultur auszusondern. In den Archäologischen
              Informationen 14, 1991, S. 56 - 75, schreibt Lutz FIEDLER in der
              Rubrik Forschungsgeschichte über „Alfred Rust und Artefakte aus
              der Zeit des Homo Erectus“: 
               
              "... Seltsamerweise ging es in den Diskussionen um die
              vermeintliche 'Heidelberger Kultur', dabei nicht um die
              Vergleichbarkeit und die kulturelle Einordnung, sondern, es
              bildeten sich Fronten von Rustanhängern vor allem unter
              Heimatforschern in Norddeutschland, und Rustgegnern, vor allem
              unter Archäologen. Die ersten waren beglückt „altpaläolithische“
              Funde in ihren Kiesgruben bergen und sammeln zu können und
              letztere waren entsetz über die z.T. recht phantasievollen
              Deutungen und Aufwertungen von Naturerzeugnissen, die nun ihre
              Museumsvitrinen füllen sollten. Der wissenschaftliche
              Opportunismus schoß gelegentlich genau so weit über das Ziel
              hinaus (ADAM 1987) [sic! Im Literaturverzeichnis als ADAM, 1989]
              wie der mancher Rustanhänger. [S. 57] … 
               
              Es geht hier also nicht um eine Rehabilitierung der Entdeckung von
              A. RUST, denn die mit altpaläolitischen Funden vertrauten
              Fachleute haben sie nie vollständig ablehnen können, sondern es
              kann heute ein Bild alt- und früh-mittelpleistozäne Kultur
              gezeichnet werden, in dem viele der behauenen Gerölle der
              sogenannten ’Heidelberger Kultur' einen angemessenen Platz im
              Kontext menschlicher Hinterlassenschaften finden. [S. 58] … 
               
              Alfred RUST hatte Recht, als er in den fünfziger Jahren nach den
              Artefakten des `Homo heidelbergensis' fragte. Er suchte und fand
              schließlich Artefakte der Zeit, aus der der Unterkiefer von Mauer
              stammte. Viele seiner damaligen Kritiker verstanden von der
              Problematik wenig und waren mit Funden des Altpaläolithikums
              nicht vertraut. Vielleicht könnte man heute sogar sagen, dass die
              deutsche Urgeschichtswissenschaft den Pionier im Stich gelassen
              hat und dass durch sachkundige und partnerschaftliche Diskussionen
              spätere Irrwege und Vorstellungen über eine `Heidelberger
              Kultur' vielleicht vermieden worden wären. Sicher kann man sagen,
              dass der Entdeckungs- und Forschungsstand ein anderer war, aber es
              ist zutiefst zu bedauern, dass ein erfolgreicher und
              verdienstvoller Steinzeitforscher gegen Ende seines Lebens in die
              wissenschaftliche Isolation geriet" [S. 64] 
               
               
               
              In dem schon öfter erwähnten Buch SCHICHTEN VON MAUER schreibt
              Lutz FIEDLER in dem Artikel "Steingeräte aus der Zeit des
              Homo erectus heidelbergensi ": 
               
              "... Deshalb schrieb Alfred Rust 1956: `Und doch lebten auch
              in Mitteleuropa im Frühpleistozän Menschen, wie der Unterkiefer
              des Homo heidelbergensis zweifelsfrei bezeugt'. Seit 1953 suchte
              er deshalb in den durch Kies- und Sandgruben aufgeschlossenen
              Ablagerungen des Ur-Neckars nach Artefakten. Was er fand, waren
              einige grob behauene Sandsteingerölle, die ganz und gar nicht in
              das bekannte Bild der aus Afrika und Westeuropa bekannten alt- und
              mittelpleistozänen Steingeräte zu passen schienen. Es fehlten
              die typischen groben Abbevillien-Faustkeile, und der Werkstoff,
              quarzitischer Werkstoff, schien wegen seiner geringen Stabilität
              für die Geräteherstellung zunächst ungeeignet. Rust versuchte,
              die neuen Funde nach einem eigenen Typensystem zu ordnen und sah
              darin eine bisher unerkannte selbständige Kultur des Heidelberger
              Vormenschen. Wie immer, wenn überraschend Neues bekannt wird,
              meldeten die Kenner Skepsis an. Der damalige Zweifel war nicht
              unberechtigt. Konnten so einfache Werkzeugformen mit ihrer groben
              Bearbeitung nicht auch durch natürliche Bewegungen und Druck im
              Schotter entstanden sein? Durch die von Rust selbst vorgestellten
              Heidelberger Typen aus den Ablagerungen eiszeitlicher Gletschermoränen
              Norddeutschlands wurde dieser Verdacht bestärkt. Schließlich
              erzeugte seine Theorie einer eigenständigen, seit dem Pliozän
              bestehenden Heidelberger Kultur bei den Fachleuten auch deshalb
              Ablehnung, weil die mittlerweile aus Afrika bekannte Sequenz der
              Steingerätentwicklung mit seiner Darstellung keinerlei Übereinstimmung
              zeigte. Heute, nahezu ein halbes Jahrhundert nach Rusts
              Entdeckungen wissen wir sehr viel mehr über frühe
              Kulturentfaltung und kennen die variantenreichen Werkzeugformen
              des altpleistozänen Menschen, des Homo erectus, sehr viel besser.
              Wir müssen feststellen, dass die damaligen wissenschaftlichen
              Fronten unnötig verhärtet waren und können Rusts Entdeckungen
              sachlicher beurteilen und würdigen.... [S. 76] ... Alfred Rust
              hatte recht als er bei der Suche nach Artefakten aus der Zeit des
              `Homo heidelbergensis' nicht nach Faustkeilen Ausschau hielt und
              grobe Chopper fand. Aber er irrte, als er glaubte, eine eigenständige
              Heidelberger Kultur gefunden zu haben. Man könnte heute höchstens
              von einer Heidelberger Fazies des Altpaläolitikums sprechen und
              damit Fundkomplexe meinen, deren Sandsteinartefakte nicht
              unbedingt von Naturprodukten abgrenzbar sind." [S. 82] 
               
              Auch in dem Aufsatz BEINHAUER, FIEDLER und WEGNER
              "Hornsteinartefakte von der Fundstelle des Homo erectus
              Heidelbergensis aus Mauer" schreiben die drei: 
               
              " ... Damit muss für Mauer nun auch ein Teil der von Alfred
              Rust in den fünfziger Jahren in der Grabe Grafenrain geborgenen
              grob behauenen Sandsteingerölle als Artefakte anerkannt werden
              (Beitrag: Fiedler, S. 74 ff.). Rust hatte sie 1956 mit
              Typenbezeichnungen versehen, die insgesamt ein bisher unbekanntes
              Spektrum innerhalb paläolithischer Inventare ergaben und ihn
              selbst an eine eigenständige Heidelberger Kultur des Vormenschen
              glauben ließen. Viele seiner Fundstücke sind aber nichts anderes
              als gewöhnliche Chopper. Leider war es Rust nicht vergönnt, auf
              die Funde von Karl F. R. Hormuth aufmerksam zu werden.
              Wahrscheinlich hätte er seine Entdeckung bei Kenntnis der
              Hornstein-Artefakte anders beurteilt. Ganz sicher wären aber die
              skeptischen Reaktionen vieler Fachkollegen ausgeblieben, die sich
              bis heute in Deutschland sehr hemmend auf die Erforschung alt-paläolithischer
              Artefakte aus Flußterrassen bemerkbar machen. 
               
              ... Als Rust seine Funde aus Mauer veröffentlichte, stand er
              unter dem Bann einer zeitgemäßen Vorstellung von faustkeilfreien
              und faust-keilführenden Kulturen in der Altsteinzeit. Er ordnete
              seine Heidelberger Kultur einem Abschlag- und Chopperkreis zu,
              dessen Träger der Homo erectus gewesen sei." [S. 66 – 67] 
               
              Eine weiterhin kritische Haltung nimmt von KÖNIGSWALD in seinem
              Beitrag "Zur Ökologie und Biostratigraphie der beiden
              pleistozänen Faunen von Mauer bei Heidelberg" im selben Band
              ein; 
               
              "... Ich rechne es dem Herausgeber dieses Buches hoch an,
              dass ich hier derart kritische Bewertungen aus der Sicht des Paläontologen
              und Geologen als advocatus diaboli äußern kann. Auch die von
              Rust als Artefakte angesprochenen Buntsandsteinstücke aus Mauer
              ... verändern die Argumentation nicht grundsätzlich. Es steht
              mir nicht an, die archäologische Interpretation zu bewerten, doch
              will ich meinen Bedenken Ausdruck geben. Rust hat ausgewählte
              Buntsandsteinstücke als Artefakte beschrieben, die ein
              unterschiedliches Echo bei den Archäologen gefunden haben (Rust
              1956). Der Buntsandstein gehört zur natürlichen F1ußfracht des
              Neckars und die natürliche Zerstörung des Buntsandsteins ist in
              Mauer erheblich, wovon ich mich als Mitarbeiter bei der Grabung
              von Prof. Dr. H. Mü11er-Beck im Herbst 1969 selber überzeugen
              konnte. Typische Werkzeugformen waren nicht auf Stücke von
              handlicher Größe begrenzt, sondern kamen ebenso bei weit überdimensionalen
              Blöcken vor. Nur eine systematische Analyse der natürlichen
              Schoterzerstörung kann zeigen, ob die als Artefakte diskutierten
              Stücke von den natürlich entstandenen Bruchstücken deutlich
              abgesetzt sind oder ob es die `schönsten' Stücke aus dem
              Gipfelbereich einer natürlichen Häufigkeitskurve sind."
              [S.105] 
               
               
               
              Zusammenfassend kann man sagen, dass RUSTs Ideen und Ansätze zu
              Unrecht keine weite Verbreitung gefunden haben, sondern bis in
              neueste Zeit abgelehnt wurden. Sicher hielten Teile seiner
              Hypothesen eine Überprüfung durch neue Forschungen nicht stand,
              aber er selbst hat ja darauf hingewiesen, dass die Forschungen zur
              Heidelberger Kultur noch in den Anfangen begriffen seien und
              vieles erst einmal vorläufig formuliert wurde. Aber anders als
              durch Hypothesenbildung und Hypothesentest kann der
              wissenschaftliche Fortschritt nicht zustande kommen. RUST hat die
              ersten Schritte einer langen Reise auf einem Weg getan, der ihm
              vielversprechend erschien. Nur hat es kaum jemand bemerkt und alle
              seiner Kritiker meinten wohl, RUST sei wieder auf dem Rückmarsch
              zur "Eolithenforschung" mit Pseudoartefakten. 
               
              Besonders hervorzuheben ist RUSTs Talent, die für den Gebrauch
              und die Handhabung wichtigen Feinheiten an den Fundstücken zu
              erkennen und zu beschreiben, wobei ihm seine handwerkliche
              Ausbildung als Elektriker sicher zugute kam. Dieses kam, zusammen
              mit RUSTs Werdegang als Wissenschaftler ("ein Selfmademan
              seiner Wissenschaft" PÖRTNER, 1961, S. 117), einigen
              "nur" Akademikern wohl zu suspekt vor, so dass seine
              Argumente auf taube Ohren stießen und nicht zur Kenntnis genommen
              wurden. 
               
              Ob der Terminus "Heidelberger" Kultur glücklich gewählt
              war und wir im Zusammenhang mit Steinartefakten, die zum größten
              Teil auch noch als Einzelfunde zu betrachten sind, von einer
              "Kultur" sprechen sollten, ist Ansichtssache. 
               
              Es bleibt abzuwarten, ob, sei es durch Zufall oder planmäßige
              Suche, einmal ein in situ Fund Homo erectus plus Ökofakte plus
              "Heidelberger" Geräte in Europa ausgegraben wird. Im
              Interesse einer Neubewertung der RUSTschen Ideen wäre es zu wünschen. 
               
               
               
              
              X. Literatur: 
              
               
               
              ADAM, K. D. 
               
              1989 Die "Heidelberger Kultur"' - ein Nachruf. Vortrag
              zur 29. Sitzung der Hugo-Obermaier-Gesellschaft in Alsfeld.
              Referiert in: U. Rinke-Steger, Tagungsbericht, Quartär 39/40,
              1989, S. 223 – 243 
               
               
               
              ADRIAN,W. 
               
              1948 Die Frage der norddeutschen Eolithen. Paderborn 
               
               
               
              ADRIAN, W. 
               
              1982 Die Altsteinzeit in Ost-Westfalen und Lippe. (Fundamenta A
              8), Köln 
               
               
               
              BEINHAUER, Karl W. / WAGNER Günther A. (Hrsg.) 
               
              1992 Schichten - 85 Jahre Homo erectus heidelbergensis von Mauer.
              Mannheim/Heidelberg 
               
               
               
              BEINHAUER, Karl W. / FIEDLER, Lutz / WEGNER, Dietrich 
               
              1992 Hornstein-Artefakte von der Fundstelle des Homo erectus
              heidelbergensis aus Mauer In: BEINHAUER / WAGNER S.46-73 
               
               
               
              BEINHAUER, Karl W. / FIEDLER, Lutz / WAGNER, Günther A. 
               
              1993 Neues zum Homo erectus heidelbergensis aus Mauer an der
              Elsenz in Baden. In: Antike Welt. Zeitschrift für Archäologie
              und Kulturgeschichte 1/1993, S.71-73 
               
               
               
              FEUSTEL, R. 
               
              1959 Zum Problem der "Heidelberger Kultur“ In: Ausgrabungen
              und Funde IV. S. 211 ff 
               
               
               
              FIEDLER, Lutz 
               
              1991 Alfred Rust und Artefakte aus der Zeit des Homo Erectus In:
              Archäologische Information 14 (1991), H. 1, S. 56 – 75 
               
               
               
              FIEDLER, Lutz 
               
              1992 Steingeräte aus der Zeit des Homo erectus heidelbergensis
              In: BEINHAUER / WAGNER, S.74-82 
               
               
               
              GROSS, Hugo 
               
              1956 Bericht über die Tagung der Deutschen Quartärvereinigung.
              In Laufen an der Salzach (Oberbayern) am 4. September 1955, die
              Exkursionen in Österreich und die Spätpleistozän. Diskussion in
              Wien am 9.9.1955. In: Eiszeitalter und Gegenwart, 7, S. 225 –
              229 
               
               
               
              HAHN, Joachim 
               
              1991 Erkennen und Bestimmen von Stein- und Knochenartefakten. Einführung
              in die Artefaktmorphologie. = Archaeologica Venatoria, Band l0). Tübingen 
               
               
               
              KRÜGER, H. 
               
              1959 Frühpaläolithische Geröllartefakte vom Typ "Pebble
              tool" in Oberhessen? In: Eiszeitalter und Gegenwart, l0,
              S.165 ff 
               
               
               
              LUTTROPP, A. 
               
              1955 Altsteinzeitliche Funde im Kreise Ziegenhain. In: Germania,
              33, S. 311 ff 
               
               
               
              MOBR, H. / MOTTL, M. 
               
              1956 Funde von Steingeräten aus den altpleistozänen Schottern im
              Raume von Wien. In: Eiszeitalter und Gegenwart, 7, S.193 – 218 
               
               
               
              PIELENZ, O. K. 
               
              1957 Die altsteinzeitliche Fundstelle Eidelstedt bei Hamburg. In:
              Hammaburg, 5, S. 31 ff 
               
               
               
              PÖRTNER, Rudolf 
               
              1961 Bevor die Römer kamen. Städte und Stätten deutscher
              Urgeschichte. Düsseldorf, Wien 
               
               
               
              PROBST, Ernst 
               
              1991 Deutschland in der Steinzeit. Jäger, Fischer und Bauern
              zwischen Nordseeküste und Alpenraum. München. 
               
               
               
              RUST, Alfred 
               
              1956 Artefakte aus der Zeit des Homo Heidelbergiensis in Süd- und
              Norddeutschland. Bonn 
               
               
               
              RUST, Alfred 
               
              1956b Über neue Artfaktfunde aus der Heidelberger Stufe. In:
              Eiszeitalter und Gegenwart, 7, S. 179 – 192 
               
               
               
              RUST, Alfred 
               
              1957 Eine Skizze zum vermutlichen Werdegang und Ablauf der
              Heidelberger Kultur in Europa. In: Quaternaria, 4, 
               
               
               
              RUST, Alfred / STEFFENS, Gustav 
               
              1962 Die Artefakte der Altonaer Stufe von Wittenbergen. Eine
              Mittelpleistozäne Untergruppe, der Heidelberger Kultur. Neumünster
              (Offa-Bücher) 
               
               
               
              RUST, Alfred 
               
              1965 Über Waffen- und Werkzeugtechnik des Altmenschen. Neumünster 
               
               
               
              RUST, Alfred 
               
              1971 Werkzeuge des Frühmenschen in Europa. Neumünster 
               
               
               
              RUST, Alfred 
               
              1978 Ein frühpleistozänes Kalkartefakt von Würzburg-Schalksberg.
              In: Eiszeitalter und Gegenwart, S. 195-199, Erlangen 
               
               
               
              VON KOENIGSWALD, Wighart 
               
              1992 Zur Ökologie und Biostratigraphie der beiden pleistozänen
              Faunen von Mauer bei Heidelberg. In: BEINHAUER / WAGNER, S.101-110 
               
               
               
              ZEBERA, K. 
               
              1969 Die ältesten Zeugen der menschlichen Arbeit in Böhmen. Prag 
               
               
               
              ZIEGERT, Helmut 
               
              1969 Gebel Ben Ghnema und Nord-Tibesti. Wiesbaden 
               
               
               
              ZOTZ, L. 
               
              1960 Das posthume Eolithenproblem in Deutschland. In: Forschung
              und Fortschritt, 34, S. 167 ff 
               
               
               
              -------------------------------------------------------------------------------- 
               
              [1][1]In WERKZEUGE DES FRÜHMENSCHEN IN EUROPA, 1971, S. 9-10 
               
              [2][2]Höhe des Rückens zur Basis des Artefakts 
               
               
             
           
         
       
     
   
 
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