Magisterarbeit: Wurtenforschung in Bremen...
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Magisterarbeit: Wurtenforschung in Bremen...


Wurtenforschung in Bremen.

Unter besonderer Berücksichtigung der

Ausgrabung in der

Schwachhauser Heerstraße 176





Wissenschaftliche Hausarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

eines Magister Artium

der Universität Hamburg

[Hier nur ausgewählte Teile]

vorgelegt von

Dirk Siebers

aus

Hamburg



Hamburg

1996











Gliederung



I. Einleitung

1. Problemstellung

2. Themenabgrenzung

3. Forschungsstand

4. Quellenlage

5. Methodischer Ansatz



II. Wurtenforschung

1. Allgemeine Bemerkungen

2. Probleme der Wurtenforschung

3. Neue Ansätze



III. Wurtenforschung in Bremen

1. Wurtenforschung bis zum 2. Weltkrieg

2. Wurtenforschung nach dem Krieg



IV. Die Ausgrabung

Schwachhauser Heerstraße 176

1. Geographische Lage

2. AForschungsgeschichte@

3. Grabungsbericht

4. Befunde und Funde

5. Methodische Bearbeitung / Einzelergebnisse

6. Zusammenfassung der Einzelergebnisse / Diskussion



V. Schrift- und Bildquellen



VI. Historische Aussagen



VII. Neue Ansätze für weitere Wurtenforschung in Bremen





Literatur



Katalog

1. Tabelle der in die Bremer Denkmalliste eingetragenen Wurten

2. Liste der in den Ortsakten verzeichneten Wurten



*****************************************************************************************

I. Einleitung



1. Problemstellung

Mit dieser Magisterarbeit sollen die Ergebnisse der Ausgrabung von 1993 vorgelegt werden. Darüber hinaus soll festgestellt werden, welche archäologischen bzw. historischen Arbeiten in Bremen mit Fragestellungen zu oder an Wurten durchgeführt wurden und welche Fragen bzw. Forschungsansätze in Zukunft noch erforscht werden sollten.



2. Themenabgrenzung

Da die Arbeit breiter publiziert werden soll, - sofern in Bremen dafür Finanzmittel beschafft werden können - sollen methodische und sonstige für Laien zum Verständnis wichtige Aspekte ausführlicher behandelt werden, als dieses in einer reinen Facharbeit nötig wäre.



Bei der Bearbeitung zu weiteren durchgeführten Forschungen sollen keine Untersuchungen an dem jeweiligen Fundmaterial vorgenommen werden, sondern nur eine Beschreibung, um evtl. spätere Arbeiten zu diesen Komplexen oder an Fragestellungen, die sich anhand dieses Materials bearbeiten lassen, zu erleichtern bzw. anzuregen.

Die räumliche Begrenzung auf das Gebiet Bremens und Bremerhavens hat zur Folge, daß angrenzende im historischen Zusammenhang stehende Wurten und andere Fundstellen nicht berücksichtigt werden, da sich eine frühere Besiedelung sicher nicht an heutige politische Grenzen orientiert haben dürfte, sondern an geographischen Gegebenheiten, so daß für übergreifende Fragestellungen auch diese archäologischen Quellen hätten herangezogen werden müssen.

Dieses kann nicht Gegenstand einer begrenzten Arbeit, wie der hier vorliegenden, sein.

3. Forschungsstand

Archäologische Ausgrabungen an Bremer Wurten wurden zuerst in den dreißiger Jahren dieses [das zwanzigste] Jahrhunderts von Ernst GROHNE durchgeführt und 1938 publiziert. Arbeiten, die die Wurten als historische Quellen ansprachen und nutzten, wurden 1868 von W. O. FOCKE und 1886 von Franz BUCHENAU publiziert (siehe hierzu auch III. 1.). Nach dem Kriege wurden bis in neueste Zeit Wurten nur in den Ortsakten erfaßt, zum Teil unter Schutz gestellt sowie Baustellenbeobachtung durchgeführt, wenn Unterschutzstellung nicht möglich bzw. Eingriffe in die Substanz nicht zu verhindern waren.

1988 / 1989 wurden zwei größere Ausgrabungen durchgeführt, eine weitere 1991 (siehe hierzu auch III. 2.) sowie 1993 die Ausgrabung in der Schwachhauser Heerstraße 176.



4. Quellenlage

Leider erwies sich der Zentralbereich der Wurt Schwachhauser Heerstraße 176 als fast völlig zerstört, zudem waren wir in der Anlage von Grabungsflächen um den Zentralbereich herum durch den Bewuchs mit großen, alten Bäumen, die nicht ge- oder beschädigt werden durften, stark eingeschränkt. Die anderen neueren Grabungen (s.o.) sind noch nicht ausgewertet und publiziert. Die Arbeiten von GROHNE aus den dreißiger Jahren sind für viele neuere Fragestellungen wenig ergiebig, so daß die Quellenlage für viele Fragestellungen als schlecht anzusehen ist.

5. Methodischer Ansatz

Für die Bearbeitung bieten sich der Vergleich und die logische Diskussion an, zu Einzelfragen auch andere archäologische Methoden, wie etwa Stratigraphie etc.







II. Wurtenforschung



II. 1. Allgemeine Bemerkungen

Wurten[1] sind in der Landschaft zumeist leicht zu erkennen. Sie können von unterschiedlicher Größe und Form sein und sich in ihrem Aufbau unterscheiden je nach dem Zweck, für den sie errichtet wurden.

So gibt es kleine flache Erhebungen, die nie bebaut waren und z.B. aufgeschüttet wurden um Weidevieh bei Überschwemmungen einen sicheren Rückzugsort zu bieten, bis hin zu Wurten, auf denen mehrere Gehöfte standen, den sogenannten Dorfwurten, deren bekanntestes Beispiel die Feddersen Vierde ist, andere Beispiele hierfür wären Bremerhaven-Weddewarden oder Freiburg an der Elbe.

Die meisten Wurten Norddeutschlands waren jedoch für ein Gehöft angelegt um Mensch, Vieh, die Vorräte und den Besitz gegen Hochwasser zu schützen. Vielfach wurde in der Literatur die Meinung geäußert, daß die See- und seenahen Flußmarschen nur bei niedrigem Meeresspiegel oder nach der Entwicklung solcher künstlicher Hochwasserschutzbauten wie Wurten (oder später Deiche) besiedelt werden konnten. Durch die Grabungen von Helmut Ziegert in Ritsch [ZIEGERT, 1992] wurde jedoch nachgewiesen, daß auch Flachsiedlungen in der Marsch bestanden haben, die mit ziemlicher Regelmäßigkeit überflutet wurden.

Dieses setzt natürlich voraus, daß hier die Bewohner sich auf solche Ereignisse einrichten und ihr Verhalten bzw. ihre Wirtschaftsweise darauf ausrichten. Da ohne Deiche an den Flüssen für das Hochwasser weite Auslaufflächen zwischen den Mäandern (Flußschleifen), Alt- und Nebenarmen vorhanden sind, sind die Wasserstände, die bei Sturmfluten oder Springtiden oder durch Schnee- oder Niederschlagswasser erreicht werden, nicht mit denen zu vergleichen, die in den heutigen engen, eingedeichten und ausgebaggerten Schläuchen unserer Flüsse auftreten. Auch die erreichten Fließgeschwindigkeiten auf den Flächen dürften geringer gewesen sein, so daß eine übermäßige Erosion, im Gegensatz zu heutigen Deichbrüchen, des Bodens nicht auftrat. Gefahren konnten jedoch im Winter, insbesondere bei Eisgang oder Eisstau, auftreten

Der Hochwasserschutz durch Wurten hat den Vorteil, daß er mit verhältnismäßig geringem Material und Arbeitszeiteinsatz erfolgen kann und sich beliebig zeitlich und individuell durchführen läßt, auch sind keine speziellen Technologien notwendig. Sein Nachteil ist, daß das Umland (Weiden, Äcker, Gärten, Verkehrswege, usw.) nicht vor Überflutung geschützt ist. Im Gegensatz dazu ist bei der Eindeichung alles Land innerhalb des Kooges vor Überflutung geschützt (solange der Deich hält!). Dem stehen beim Deichbau erhebliche Nachteile entgegen:

Um seine Funktion erfüllen zu können, muß der Deich komplett fertig sein

Der Aufwand an Material und Arbeitskraft ist hoch

Es ist eine komplexe Aufgabe einen Deich zu planen:

- der Verlauf muß festgelegt werden

- die jeweilige Höhe muß durch Vermessung festgelegt werden um eine gleichmäßige absolute Kronenhöhe im Deichverlauf zu gewährleisten

- die Pflege und Erhaltung muß gewährleistet werden, dazu ist ein spezielles Deichrecht nötig, das entweder in der jeweiligen Bevölkerung akzeptiert oder aber von der Obrigkeit durchgesetzt werden muß

im Gegensatz zu einer Wurt muß ein Deich dem Seitendruck des gestauten Wassers widerstehen, d.h. die Gewichtskraft und Kohäsion seines Materials muß höher sein als der Wasserdruck, außerdem muß er erosionsfest und wasserundurchlässig sein, genau wie der Untergrund, auf dem der Deich errichtet ist.

Der Deichkoog muß entwässert werden um ackerbaulich genutzt werden zu können, da der Deich nicht nur das Wasser draußen sondern genauso drinnen hält[2].

Dazu sind Schleusen nötig, die den Abfluß der Niederschläge erlauben, ein Eindringen von Flutwasser aber verhindern. Erschwerend kommt hinzu, daß die Außendeichsflächen durch Ablagerung von Sedimenten weiter aufgehöht werden, während die entwässerten Binnendeichsflächen sich durch Schrumpfungsprozesse im Boden weiter absenken, so daß zum einen die relative Deichhöhe sinkt, zum anderen das Wasser innerhalb des Deichkooges gehoben werden muß, um abzufließen.

Die Eindeichung bietet Vorteile, vor allem in den See- und seenahen Flußmarschen, da die Ablagerung von Salzen aus dem Meerwasser unterbunden wird und nach Ausschwemmung des vorhandenen Salzes durch Niederschlagswasser die Marschenböden sich als meist sehr fruchtbares Ackerland nutzen lassen.

In Gebieten, wo Überschwemmungen und Hochwasser aus den Quellgebieten der jeweiligen Flüsse durch Schneeschmelze und abfließendes Niederschlagswasser der regenreichen Wintermonate entstehen, stellt sich das Problem der Versalzung nicht.

Da diese Überschwemmungen nur außerhalb der Vegetationsperiode auftreten, ist eine Zerstörung der angebauten Kulturpflanzen nicht zu befürchten. Allerdings ist eine Aussaat im Winter bzw. vorigen Herbst (Wintergetreide) nicht möglich.



II. 2. Probleme der Wurtenforschung

Bei der Erforschung von Wurten wurden verschiedene Fragestellungen untersucht. Man kann die Wurten als Quellen für viele historisch relevante Fragenkomplexe auswerten, allein oder im Zusammenspiel mit anderen historischen Quellen und Quellengattungen.

Als Beispiele seien hier genannt:

Fragen zur Besiedelungsgeschichte eines Ortes, einer Landschaft oder auch größerer Gebiete,

Fragen zur Bau- und Siedlungsweise (Größe und Anlage von Gebäuden, Gebäudekomplexen und Wirtschaftseinheiten),

Fragen zur Wirtschaftsweise (Nahrungsproduktion, Güterproduktion und Handwerk, Handel und Fernbeziehungen),

Mensch - Umwelt - Beziehungen (die Einflüsse und Wechselwirkungen des Menschen und seines Handeln auf die ihn umgebende Natur und umgekehrt). Außerdem beinhaltet dieses die Umweltrekonstruktion der damaligen Zeit.

Um zu möglichst gesicherten Aussagen zu kommen, müssen die Methoden sowie die verschiedenen Annahmen und Grundvoraussetzungen offengelegt werden. Einmal vom Wissenschaftler vor sich selbst, um sie einer Selbstkritik unterziehen zu können, dann auch in der Publikation, um die Aussagen nachvollziehbar und damit überprüfbar zu machen.

Wurten haben aufgrund ihrer Genese und Funktion einige Besonderheiten gegenüber Flachsiedlungen, die es bei der Interpretation von Grabungsergebnissen zu berücksichtigen gilt.

So wurde z.B. versucht, über die Höhen der Wurten zu einer bestimmten Zeit Rückschlüsse auf den jeweiligen Meeresspiegel zu ziehen. Dieser Ansatz wird in der Magisterarbeit von Ralf Uerkvitz ANorddeutsche Wurtensiedlungen im archäologischen Befund: Analyse und Interpretation aufgrund siedlungsgeographischer Modelle@ [UERKVITZ, 1993] ausführlich kritisiert. Da sich die Arbeit hauptsächlich mit den See-Marschen der Nordseeküste befaßt, soll hier nur auf einige allgemeine Aspekte eingegangen werden.

So bildet er drei Modelle potentieller Ursachen für den Wurtenbau ( S. 62 ff ):

Modell A: Saisonal und lokal geprägte Standortprobleme

CRegelmäßige Überschwemmung im Winter

CGrund- und Stauwasser im Oberboden

Modell B: Episodische oder langperiodische Standortprobleme

CSturmfluten oder Fernwellen

CTreibeis oder Eisüberschiebungen

Modell C: Säkulare Veränderung der Standortfaktoren

CAnstieg der Sturmfluthäufigkeit

CRelative Erhöhung des Tidehochwassers.



Für die Überprüfung der Modelle nennt er achtzehn kulturwissenschaftliche und sechzehn naturwissenschaftliche Indikatoren.

Für die Wurten im Bremer Gebiet wird hauptsächlich das Modell A inbetracht kommen.

Indikatoren für dieses Modell A wären:

Kulturwissenschaftliche Indikatoren

Niveauverhältnisse: einheitliche Wohnniveaus, Erhöhung von Hausfußböden

Erdbauwerke: Wandverstärkung oder Sockel, pflanzliche Kapillarsperren, Fluchthügel für Vieh

Gräben und Gruben: Drainagegräben

Naturwissenschaftliche Indikatoren

Geologie: feinkörnige Anwachsschichten

Pedologie:[3] Knickhorizonte im Boden, marmorierte Bodenhorizonte, Rostflecken im Oberboden[4], Phosphate im Fluchthügel

Botanik: überflutungsresistente Vegetation, Feuchtezeiger im Pflanzenspektrum[5]

[nach UERKVITZ, 1993, Tabelle 5 u. 6]



Ein wichtiges Problem ist die Feststellung der ursprünglichen Höhe über dem Umgebungsgelände, da im Laufe der Zeit unquantifizierbare Schrumpfungs- und Sackungsprozesse im Wurtkörper selbst und des Wurtkörpers in den Untergrund stattgefunden haben oder haben können. Dieses gilt insbesondere wenn Torf- oder Mistschichten Bestandteil des Wurtkörpers oder des Untergrundes sind, da diese bei Austrocknung stark schrumpfen bzw. abgebaut werden. Auch Klei schrumpft bei Entwässerung, Sandschichten verdichten sich nach der Aufschüttung.[6] Auch ist fraglich, ob eine Erhöhung des Wurtkörpers immer mit einer Erhöhung - ob relativ oder absolut - eines befürchteten Wasserstandes einhergeht oder nicht häufig auf andere Ursachen zurückgeht?[7]

Die Identifikation und Datierung ehemaliger Oberflächen einer Wurt als ALaufhorizonte@ sowie die Datierung der Wurt selbst und der Nachweis der Gleichzeitigkeit sich räumlich nicht überschneidender Strukturen und Spuren.

Bei diesem Fragenkomplex kommt es immer wieder zu ASchnellschüssen@ und AKurzschlüssen@.

Da das Material zum Bau des Wurtkörpers irgendwo entnommen und am Standort der Wurt akkumuliert wird, werden natürlich alle archäologischen, zoologischen und botanischen Reste die sich in dem Material befinden mit umgelagert. Die Entnahme kann in unmittelbarer Nähe geschehen, es kann aber auch, sofern ein schiffbares Gewässer in der Nähe ist, aus unbekannter beträchtlicher Entfernung stammen. Nun ist alles was bei einer Aufschüttung in jeweilige Schicht bzw. Schichten gelangt zum Zeitpunkt der Niederlegung gleichzeitig, mithin ein geschlossener Fund[8], dieses berechtigt uns nicht, miteingeschlepptes archäologisches Material zur Datierung der Wurt oder einzelner Wurtphasen heranzuziehen. Kein Archäologe, wahrscheinlich auch kein Laie, würde auf die Idee kommen anhand eines Faustkeiles in einer Sandfüllung einer Wurt diese in das Paläolithikum zu datieren. Abgesehen davon, daß geologische Gründe gegen eine solche Datierung sprechen würden. Finden sich an der Oberfläche durch Erosion freigelegte Keramikreste oder werden solche bei einer AGrabung@ gefunden, werden sie unbedenklich zur zeitlichen Einordnung benutzt, so schreibt auch der Bremer Landesarchäologe, Herr Professor Rech, in: SCHOLZ / SIEBERS, 1993, S. 81, A... der im Auftrage des Landesarchäologen und ohne Bezahlung Wurten im Bereich der Ortsteile Horn, Lehe und Schwachhausen ablief, um durch Auffindung von Oberflächenscherben zur genaueren Datierung dieser Denkmäler beizutragen. ... A

Erstens gibt ein Fundgegenstand, der evtl. umgelagert wurde, nur eine Datierung post quem, d.h. einen frühest möglichen Zeitpunkt zu dem sich dieser Zusammenhang eingestellt haben kann, es kann aber auch beliebig später geschehen sein. Oder aber es müßte nachgewiesen werden, daß keine spätere Umlagerung stattgefunden hat, was bei durch Erosion freigelegten Oberflächenfunden kaum möglich ist. Das zweite Problem ist die erreichbare Datierungsgenauigkeit anhand des jeweiligen Fundgegenstandes, typischerweise Keramik.

Insbesondere für historische Zeiten und für den Nachweis der Gleichzeitigkeit verschiedener Fundstellen oder Befunde einer Fundstelle muß immer die erreichbare Datierungsgenauigkeit kritisch untersucht werden, siehe auch H. ZIEGERT, 1991 AKeramik und Zeit. Zur Sicherheit chronologischer Aussagen aufgrund des Vergleichs der Keramik aus archäologischen Befunden@. Gleiches gilt für naturwissenschaftliche Datierungsverfahren, wie die 14 C-Methode. Da hier zum einen ja nicht der Fund oder Befund datiert wird, sondern das Wachstum der jeweiligen organischen Probe und die Umsetzung des Meßergebnisses in ein Kalenderdatum über statistische Verfahren erfolgt, die eine gewisse Unsicherheit und/oder Schwankungsbreite haben, die die Datierung für historische Zeiten häufig entweder zu grob oder mit einer zu hohen Unsicherheit behaftet machen.

Aus diesen Problemen, die beileibe nicht die einzigen sind, müssen wir Konsequenzen ziehen und bei der wissenschaftlichen Bearbeitung berücksichtigen.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß für die archäologische Erforschung einer Wurt meist nur ein bestimmter Teil zugänglich ist bzw. aufgrund beschränkter Ressourcen (Zeit, Geld, Personal) erforscht werden kann, so daß jeweils nur die sich in diesem Bereich befindlichen Spuren und Überreste menschlichen Kulturverhaltens überhaupt erforscht werden und deshalb nicht alle potentiell möglichen Ergebnisse erzielt werden können.

Wie können wir unter diesen Bedingungen am sinnvollsten vorgehen?

Zuerst brauchen wir historische Fragestellungen, die wir beantworten wollen. Diese sollten möglichst historisch relevant und von allgemeinem Interesse sein, um den Arbeitsaufwand zu rechtfertigen. Meist können sie mit einem der klassischen AW=s@ Wer?C Wann?C Wo?C Was?C Wie?C Warum?C Weshalb?C Wozu? beginnen. Sodann sollten sie sich mit dem Methodenapparat der Wissenschaften, so wie er heute entwickelt ist, bearbeiten lassen. Unsere Fragen können wir weiter unterteilen oder zusammenfassen, um daraus dann Tätigkeiten abzuleiten.

Gerade im Bereich der Denkmalpflege ist es wichtig, nicht nur reaktive Denkmalpflege zubetreiben, sondern prospektive.[nach FRERICHS und ZIEGERT, 198?]

Da es mit der derzeitigen Ausstattung der Denkmalpflege nicht möglich ist, jede archäologische Fundstelle entweder zu erhalten oder vor einer Zerstörung dem Stande der Wissenschaft nach möglichst vollständig zu erforschen und zu dokumentieren, um so zumindest theoretisch eine spätere Auswertung durch andere Wissenschaftler zu deren Fragestellungen zu ermöglichen, muß man eine Auswahl treffen. In der prospektiven D. formuliert man Forschungs- bzw. Wissenslücken, die man dann jeweils möglichst gezielt zu schließen versucht im Rahmen der durch Baumaßnahmen sowieso nötigen Ausgrabungen und bei erforderlich werdenden Notbergungen. Bei der reaktiven D. versucht man möglichst viele Befunde zu dokumentieren bzw. Funde zu bergen, soweit die Mittel es zulassen. Die Auswahl ist zufälliger und daher auch das erzielte Ergebnis - der Zuwachs an historischer Erkenntnis - da die Kräfte nicht auf die das Langzeitziel am meisten fördernde Aktivität konzentriert werden und deshalb nicht maximal wirken können. Die Anhäufung von Funden und Dokumentationsmaterial im Hinblick auf eine spätere eventuelle Bearbeitung ist in mehrfacher Hinsicht nicht ökonomisch oder produktiv. Erstens werden Ressourcen verbraucht ohne das sofort bzw. später mit hoher Wahrcheinlichkeit ein Ergebnis erzielt wird, es entstehen durch Lagerung und Konservierung Folgekosten. Ein späterer Erkenntnisgewinn ist fraglich, da zum einen für eine Bearbeitung Ressourceneinsatz nötig ist, der andererseits aber wieder für laufende Bergungsprojekte eingesetzt werden muß. Zweitens werden durch die Entwicklung neuer Methoden, Techniken und vor allem Fragestellungen , die in den AAltgrabungen@ nicht berücksichtigt werden konnten, die Auswertungsmöglichkeiten immer geringer. Zum anderen sind die erhobenen Daten bei problemorientierter Forschung häufig für eine Auswertung im Hinblick auf bestimmte Fragestellungen nicht brauchbar bzw. die notwendigen Daten sind nicht erhoben worden.

Was bleibt, ist die Beschäftigung mit den Objekten im Sinne eines objektorientierten Arbeitens.

Bei den Fragestellungen können wir neben den oben genannten Sachgruppen auch Unterscheidungen hinsichtlich der Klärbarkeit der Fragestellungen an einem Ort oder mehreren Orten sowie anhand einer Quellengattung und dem Zusammenspiel mehrerer Quellengattungen machen. So können Fragen zur Bautechnik und Wohnweise an einer Wurt für diesen Ort geklärt werden. Darüber hinausgehende Aussagen sind jedoch nur durch den Vergleich verschiedener Wurten und ihrer jeweiligen Bebauung bzw. durch den Vergleich mit gleichzeitigen Flachsiedlungen möglich. Ähnliches gilt für viele Fragestellungen.

Objektorientierte - oder wie man zutreffender sagen sollte - objektbeschränkte Forschung, die sich nur an einer eng begrenzten Quellenart, seien es nun Adie Fibeln...@, Adie Perlen...@ oder natürlich auch Adie Wurten...@, können zwar für spezielle Fragen unverzichtbar sein, für übergreifende oder historische Fragestellungen in ihrer Beschränktheit nur Punktuelles beitragen. Ähnliches gilt, wenn man die Wurt als isolierten Körper betrachtet und vergißt, daß die jeweilige Wurt immer im Zusammenhang mit dem jeweiligen Umland zur Zeit ihrer Entstehung bzw. späterer Nutzung betrachtet werden muß, da die Menschen nicht nur auf bzw. von der Wurt leben konnten, sondern sich ihre wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten vor allem in der umgebenden Landschaft abspielten, deren Spuren und Überreste bei der inzwischen hochverdichteten Bebauung im städtischen Bereich kaum noch erhalten bzw. für eine archäologische Ausgrabung nicht mehr zugänglich sind.



II. 3. Neue Ansätze

In den letzten Jahren stieg auch in der Archäologie das Interesse an umweltbezogenen Fragestellungen. Die Wechselwirkungen zwischen menschlichem Kulturverhalten und Umweltentwicklung in ihren gegenseitigen Abhängigkeiten wurden zu einem zentralen Forschungsfeld[9].

Zudem ist im Zuge der ATreibhauseffekt@ - Diskussion und einem befürchteten Meeresspiegelanstieg in allen küstennahen Gebieten ein starkes Interesse an Hochwasserschutzmaßnahmen vorhanden. Deshalb bietet sich die Erforschung früher Hochwasserschutzsysteme an, da diese mit relativ einfachen Techniken ausgeführt und damit auch heute für viele Gebiete der sogenannten A3. Welt@, mit ihren geringen finanziellen Möglichkeiten, zu adaptieren wären. Da jeder Eingriff in ein Gleichgewichtssystem Reaktionen auslöst bis sich ein neues Gleichgewicht einstellt, ist es nötig möglichst genaue Vorhersagen zu Wechselwirkungen zu machen.Auch die Gefahren einer Überschwemmung mit Wasser vom AOberstrom@ durch abfließendes Regenwasser bzw. Schneeschmelze dürfen nicht übersehen werden, da durch die ABinnen-Kolonisation@ des hohen Mittelalters mit Intensivierung der Landwirtschaft und ihrer Ausdehnung auf bis dato bewaldete Gebiete, ausgedehnter Bergbau in den Mittelgebirgen und damit verbundener Abholzungen, das Wasserhaltungsvermögen der Landschaft geringer wurde, was zu stärkeren Hochwässern führte.[10] Die auftretende Erosion der Ackerflächen und die Ablagerung dieser Sedimente als Aue-Lehme an den Unterläufen der Flüsse in Mächtigkeiten von mehreren Metern, z.B. auch an der Weser, hat seine Auswirkungen auf das Flußregime.

Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Eindeichung von Teilen der See- und Flußmarschen ab dem Mittelalter, die nicht nur einschneidende Veränderungen für die innerhalb des Deiches lebenden Menschen hatte, sondern auch für die außerhalb in näherer Umgebung oder größerer Entfernung lebende Bevölkerung, da durch den Wegfall von überflutbaren Flächen innerhalb des Deichkooges bei gleicher Wassermenge der Pegel außerhalb höher ansteigen muß.

Das heißt auch, daß Bevölkerungsteile, die bisher auf einen Hochwasserschutz verzichten konnten jetzt Baumaßnahmen ergreifen mußten, bzw. Bevölkerungsteile bei denen Hochwasserschutz vorhanden war, diesen dem erhöhten Wasserstand anpassen mußten.



III. Wurtenforschung in Bremen

III. 1. Wurtenforschung bis zum 2. Weltkrieg

Zwischen 1931 und 1937 nahm Ernst GROHNE - damaliger Direktor des Focke-Museums - umfangreiche Ausgrabungen an acht Wurten vor.[11] Eine Zusammenschau der Ergebnisse publizierte er 1938 in dem Band AWurtenforschung im Bremer Gebiet@, dort (S. 7 ff) gibt er einen kurzen Überblick über seinerzeit bereits erfolgte Forschungsarbeiten an oder über Wurten in Bremen[12].

So stellt er fest, daß 1844 J. M. KOHLMANN in einer Schrift über die ehemaligen Bremischen Collegiatstifte Sankt Ansgarii, Sankt Willehadi und Sankt Stephani, ??? darauf hin, daß die Wurten der alten Ortschaft Hem an der kleinen Wümme noch erhalten seien (dort Seite 111 - 112). Auch Franz BUCHENAU macht auf diese Notiz in seinem Buch (1863) aufmerksam. 1868 erscheint dann im Bremischen Jahrbuch III, S. 159 - 178 von W.O. FOCKE der Aufsatz AZur Kenntnis des Blocklandes bei Bremen@ in dem er auf den damaligen geologischen und historischen Kenntnisstand die Siedlungsgeschichte dieses Marschlandes behandelt. Dort schreibt er:

ADas Blockland ist eine weite, nahezu baum- und pfadlose, aber von unzähligen Gräben und Canälen durchschnittene Wiesenfläche. Ein grosser Theil des Landes pflegte früher selbst mitten im Sommer überschwemmt zu sein, wenn auch der Wasserspiegel durch hohes Gras und Schilf vollständig verdeckt war.Der umsäumende Deich ist mit Häusern und Bäumen besetzt, im Innern des Landes liegen aber nur wenige einsame von >Busch=-umgebende Höfe an der Kleinen Wumme. Aufs Lebhafstete bin ich durch die wundervollen Schilderungen ungarischer Sümpfe in Kerner=s >Pflanzenleber der Donauländer= an unser Blockland erinnert worden. Enge Wasserstrassen, die sich durch hohe Schilfwälder winden, welche jede Aussicht unmöglich machen, finden sich im Blocklande ebenso gut, wie in der Theissniederung, wenn auch nicht mehr in so gewaltiger Ausdehnung. ... Es möchte überhaupt nur wenige Landschaften geben, welche unter dem Schutze starker Winterdeiche so sumpfig und wasserreich sind wie unser Blockland vor Anlage der Entwässerungsanstalt.@ [S. 162 - 164]

1886 erscheint im Bremischen Jahrbuch XIII, S. 85 - 119) von Franz BUCHENAU der Aufsatz AÜber verschollene Dörfer im Gebiet der Stadt Bremen@, in dem die Wurten eine Abetonte Berücksichtigung@ finden. BUCHENAU führte zusammen mit einem Herrn LINDMEYER erste Bohrungen auf den Wurten durch, um die bodenkundlichen Verhältnisse zu ermitteln. Diese Bohrungen erbrachten [nach GRONE, 1938, S. 8] nur wenig neue Erkenntnisse.

Anfang dieses Jahrhunderts wurden von dem Alluvial-Geologen Dr. h.c. Heinrich SCHÜTTE umfangreiche Bohrungen in den See- und Flußmarschen links der Weser unternommen. Deren Ergebnisse publizierte er 1935 in dem Buch ADas Alluvium des Jade-Weser-Gebiets@.

Ernst GRONE ist der erste, der systematische Ausgrabungen an Wurten im Bremer Gebiet durchführte. Er schreibt jedoch:

AUm die verschiedenen grundlegenden Fragen, die bezüglich der Siedlungsgeschichte und Altertumskunde dieses Marschengebietes immer noch offen stehen, einer annähernden Lösung entgegenzubringen, müßte aber mindestens noch die gleiche Anzahl von Warfen ausgegraben werden; ferner wäre es notwendig, noch an möglichst vielen sonstigen Wurtenstellen unserer Landschaft mit dem holländischen Marschenbohrer Bohrprofile festzustellen und schließlich die bereits an verschiedenen Stellen durchgeführte Erforschung der vorgeschichtlichen Geestrand- und Dünensiedlungen noch weiter zu fördern. Die folgende Darstellung gibt daher in der Hauptsache vorerst einen Tätigkeitsbericht und kann mit abschließenden Ergebnissen nur in beschränktem Maße aufwarten.@[S.7.]



III. 2. Wurtenforschung nach dem Krieg

Nach der Störung der archäologischen Forschungen durch Krieg und Nachkriegszeit wurden bis in die jüngste Zeit keine größeren, systematischen Ausgrabungen an Wurten oder Forschungen zu Wurten in Bremen durchgeführt. Man stellte die bekannten und gut erhaltenen Wurten unter Denkmalschutz, durch Eintragung in die Bremer Denkmalliste. So wurden 1979 sechzehn Wurten des ehemaligen Dorfes Stelle eingetragen. Aus unterschiedlichen Stadtteilen wurden 1981 weitere elf Wurten und 1984 nochmals vierunddreißig Wurten in die Denkmalliste eingetragen.

Eine Tabelle dieser Wurten findet sich im Katalog.

Da es auf einigen dieser Bodendenkmäler, trotz der Unterschutzstellung durch Eintragung in die Denkmallliste, zu erheblichen Baumaßnahmen kam, wurden Baustellenbeobachtungen - mit unterschiedlichen Erfolgen - vorgenommen. Die Ergebnisse dieser baubegleitenden Maßnahmen sind im Katalog bei den jeweiligen Wurten angeführt.

Umfangreichere Ausgrabungen wurden 1988 / 89 an der Wurt Nr. 16, AStelle@, [Strom 16)] sowie an Wurt Nr. 17 (Hove-Warf) [Strom 17)] vorgenommen.

1991 wurde AAuf dem Wurtacker@ [Habenhausen 2)] gegraben, im Jahre 1993 von mir eine Grabung auf der Wurt Schwachhauser Heerstr. 176 durchgführt.

Ein Sonderfall ist die Aufstellung eines Informationsständers durch den Landesarchäologen auf der Wurt Neuenlander Strasse 115 [Neuenland 14)]. Das Gelände wurde mit einem Baumarkt bebaut, der Wurtkörper blieb unversehrt und mit einem Ständer mit Ausstellungstafeln bestückt, der dem Betrachter Informationen zu dieser Wurt und den Wurten im Allgemeinen vermittelt. [Fotos] Hierbei handelt es sich zwar nicht um Forschung im eigentlichen Sinne, aber um die genauso wichtige Darstellung von Problemstellungen und Forschungsergebnissen in dem großen Teil der Öffentlichkeit, der sich normalerweise nicht mit der Archäologie befaßt und sonst durch keine Information in Form von Lektüre erreicht wird.

IV. Die Ausgrabung Schwachhauser Heerstraße 176



IV. 1. Geographische Lage

[Kartenausschnitt, Foto, Höhenschichtenplan]

Die Wurt befindet sich auf der nördlichen Seite der Schwachhauser Heerstraße kurz hinter der Friedhofstraße (Friedhof Riensberg). Das umzäunte Gelände, auf dem bis 1977 eine Villa -AVilla Ulrichs@ - stand, steigt nach Norden an (siehe Höhenschichtenplan). Auf dem Gelände befinden sich alte Bäume, die wohl im Zusammenhang mit dem letzten Bauernhaus gepflanzt und die durch unsere Untersuchungen nicht beschädigt oder gefährdet werden durften, so daß wir in der Anlage von Suchschnitten und Ausgrabungsflächen stark eingeschränkt waren, da sich Überreste und Spuren in diesen relativ ungestörten Bereichen besser erhalten haben können, als im vielfach modern gestörten Zentrum der Wurt, wo immer wieder Häuser auf-, ab- und umgebaut wurden.

Die Ränder an den Grundstücksgrenzen sowie der östliche Bereich des Grundstückes sind mit Zierpflanzen parkähnlich angelegt gewesen, jedoch in den letzten Jahren verwildert. Der Zentralbereich des Grundstückes der ehemals bebaut war, war zum Teil mit Gras bewachsen, zum Teil bestand er aus Sand und Bauschuttresten.

Der heutige Verlauf der Schwachhauser Heerstraße folgt dem Bett der Geete, die hier noch im letzten Jahrhundert als offenes Gewässer floß. [Alter Kartenausschnitt] Dieses ist auch unschwer am Zustand der Straßendecke zu erkennen, die starke Verwerfungen und Verschränkungen in diesem Straßenteilstück aufweist.

IV. 2. AForschungsgeschichte@

Hanna LAMPE beschreibt in ihrem Buch ADie Dörfer Hastedt und Schwachhausen@ [LAMPE, 1981] auf S. 270 ff die

Geschichte des AHof Ulrichs@anhand der bekannten Schriftquellen (der Text ist im Wortlaut unter Punkt V. Schrift- und Bildquellen widergegeben).

Aufgrund der nur schwach besetzten Dienststelle des Landesarchäologen, so war 1986 die Sachgebietsleiterstelle AArchäologische Landesaufnahme und Denkmalschutz@ gestrichen worden, außerdem war die Stelle des Landesarchäologen bis Ende 1990 vakant, das Amt wurde kommissarisch durch das Landesamt für Denkmalpflege verwaltet. Deshalb wurde die Wurt - wie andere Kulturdenkmäler auch - nicht unter Denkmalschutz gestellt. 1988 wurde der Bebauungsplan 1943 erstellt, der auch das Grundstück Schwachhauser Heerstr. 176 erfaßt. Es erfolgte zwar eine Stellungnahme des Fachamtes, die auf das Bodendenkmal hinwies, die aber nur eine knappe und nicht ganz eindeutige Stellungnahme zur historischen Wertigkeit enthielt. Ende 1992 meldete der Student Stephan Klimm, daß mehrere Pesonen sich in auffälliger Weise an dem Bodendenkmal zu schaffen machten. Zwei Wochen später stellte Grabungsmeister Carl Christian von Fick fest, daß Minensucher mit Hilfe eines Baggers die zentrale Fläche der Wurt durchwühlten. Vom Landesarchäologen wurde daraufhin die vorgesetzte Behörde beim Senatur für Kultur und Ausländerintegration eingeschaltet und mit Schreiben vom 12.11.1992 unter Hinweis auf das Bremer Denkmalschutzgesetz ein Stopp der Arbeiten angeordnet. Recherchen ergaben, daß das etwa 3000 qm große Grundstück von einer Investorengruppe gekauft und bereits im Frühjahr 1993 mit einem großen Wohntrakt bebaut werden sollte. Der Landesarchäologe machte daraufhin von ' 8, Abs. 1, Bremer DschG (neue Fassung) Gebrauch, nach dem die Denkmalfachbehörde eine vorläufige Unterschutzstellung aussprechen kann. Die Unterschutzstellung wurde vom Bremer Senat nach einem als Tischvorlage eingereichten Antrag des Senators für das Bauwesen am 9.2.1993 aufgehoben. Da die Komune noch Eigentümer des Grundstückes war, erschienen ihr die finanziellen Risiken durch Regreßansprüche der Bauherren, Minderung des Kaufpreises und anderes mehr als zu hoch, es wurde nur zugestanden, daß im Bereich des vorgesehenen Bauareals vorher gegraben werden konnte. Die Finanzierung und Dauer einer solchen Grabung stellte sich dann als weiteres Problem heraus. Aber in langen Beratungen wurde ein Finanzierungsplan erstellt, der hauptsächlich vom Grundstücksamt, dem Ortsbeirat Schwachhausen / Vahr und den Investoren getragen wurde. Um keine zu großen Verzögerungen des Baubeginns eintreten zu lassen, mußte sich der Landesarchäologe verpflichten, die Grabung schon Mitte August 1993 abzuschließen [nach M. RECH in: SCHOLZ / SIEBERS 1993 S. 80-81].


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[1]andere mundartliche Bezeichnungen wie Warften, Warfen, Vierden, Wührden, Warden usw. (im Niederländischen Terpen) sind Synonyme, die in dieser Arbeit in Zitaten vorkommen können.

[2] Dieses gilt z.B. auch für das Blockland bei Bremen (siehe W. O. FOCKE, 1868, der in diesem Zusammenhang auch den Gotteskoog in Schleswig als vielleicht noch nasser als das Blockland nennt). Erst in den 1860er Jahren wurde es mit Maschinenhilfe AEntwässerungsanstalt@ trocken gelegt.

[3]Bodenkunde

[4]Knickhorizonte nennt man stark verdichtete Bodenhorizonte aus schluffigem Ton. Wenn diese nahe der Oberfläche liegen, läßt dieses auf saisonalen Stau des Sickerwassers schließen. Der Einflußbereich von Stauwasser in Marschböden wird von reduzierten und oxidierten Eisen- oder Schwefelverbindungen farbig markiert. Die saisonale Obergrenze des geschlossenen Kapitalarraums in Marschböden wird von ausgefällten Eisenverbindungen markiert. [nach UERKVITZ 1993, S. 76 f]

[5]Gemeint ist hier das Vorhandensein von Pflanzen die hauptsächlich oder ausschließlich an feuchten Standorten wachsen.

[6]UERKVITZ, 1993, geht auf Seite 44 - 46 ausführlich auf diese Phänomene ein (dort auch weitere Literaturangaben), als Beispiel gibt er bei einer Wurtmächtigkeit von max. 1,75 m eine Setzung von 0,38 m; für 2,79 m Mächtigkeit eine Setzung um 0,49 m an.



[7]z.B. um Abrißmaterial (oder Brandschutt) eines Gebäudes zu beseitigen, oder um starke Mistlagen, die sich in den Ställen ansammeln und bei nur Viehzucht (ohne Ackerbau in den versalzenen Seemarsch-Böden) nicht zur Düngung gebraucht wurden, auszugleichen

[H. ZIEGERT].

[8]sogenannter ASicherer Fund@ nach Oskar Montelius, der diesen Begriff in die Vor- und Frühgeschichte einführte. [MONTELIUS, 1903]

[9]Aber schon O.W. FOCKE schrieb 1868 AGeschichte und Naturgeschichte der Marschen sind aber aufs Engste verbunden und lassen sich nur mit und durcheinander verstehen. Die Sammlung ferneren Materials zur Kenntniss der Vorzeit unseres Blocklandes wird unter diesen Umständen ein weit höheres, als ein rein lokales Interesse in Anspruch nehmen. Der Naturforscher weiss ausserdem, dass die ganze Zukunft der Marschen wahrscheinlich von dem richtigen Verständnis ihrer Vergangenheit abhängen wird.@[S. 178]

[10]Analog zu den heute beobachteten Phänomenen der nahezu jährlichen Hochwässer an den süddeutschen Flüssen, die ja ein breites Medieninteresse bewirken.

[11]Siehe Katalog: Borgfeld 1), Borgfeld 2), Lehe 8), Rablinghausen 1), Seehausen o.Nr. [Wurt in der Langen Bucht],

[12]Einen Überblick über die Forschungsgeschichte für Norddeutschland gibt Ralf Uerkvitz in seiner Magisterarbeit "Norddeutsche Wurtensiedlungen im archäologischen Befund: Analyse und Interpretation aufgrund siedlungsgeographischer Modelle" [UERKVITZ, 1993] S. 6 - 16.